# taz.de -- Erster Spatenstich am Kulturforum: Unter einem großen Dach | |
> Berlin bekommt endlich sein Museum der Moderne zwischen Staatsbibliothek | |
> und Philharmonie. Und alle, die dafür gekämpft haben, sind erleichtert. | |
Bild: Prominenter Spatenstich für den Baubeginn des Berliner Museums der Moder… | |
Fast alle Redner an diesem sonnigen Dienstagvormittag leiten ihre Rede mit | |
den Worten ein, was für ein wunderschöner Tag das doch sei, nicht nur wegen | |
des strahlend blauen Himmels, sondern auch, weil es jetzt endlich losgeht. | |
Der erste Spatenstich am Kulturforum zwischen Staatsbibliothek und | |
Philharmonie wird gefeiert, und Berlin soll genau hier, an einem seiner | |
ödesten Orte, endlich sein Museum der Moderne bekommen, dessen offizieller | |
Arbeitstitel „Museum des 20. Jahrhunderts“ lautet und das 2026 fertig | |
werden soll. | |
Das Gezerre darum dauert nun schon eine gefühlte Ewigkeit, zuletzt wurde es | |
noch einmal etwas aggressiver, als bekannt wurde, dass der Bau nicht wie | |
geplant 200, sondern satte 450 Millionen Euro kosten wird. Besonders das | |
Feuilleton zeigte sich wenig amüsiert, das vom Schweizer Architektenbüro | |
Herzog & de Meuron geplante Haus, das auch bei den Berlinern „Scheune“ oder | |
„Aldi“ geschimpft wird, wurde mit neuer Schärfe kritisiert. | |
Insofern ist es nur zu verständlich, dass Kulturstaatsministerin Monika | |
Grütters (CDU) an diesem Vormittag maximal gelöst wirkt, geradezu | |
euphorisch. „Dem Vorhaben haftete etwas Sisyphoshaftes an“ sagt sie und: | |
„Wir haben wirklich richtig gekämpft.“ Dann sagt sie noch etwas, das jeder | |
weiß, das man sich in dieser Zuspitzung bei aller Kritik an der | |
Kostensteigerung hinter die Ohren schreiben könnte: Berlin war einmal das | |
Zentrum der europäischen Kunstwelt, bis die Nazis das kaputtmachten. Erst | |
in den letzten Jahren kann die Stadt wieder daran anknüpfen, es fallen | |
große Worte wie „Renaissance der künstlerischen Freiheit“ und | |
„Schmelztiegel der Ideen“. | |
Udo Kittelmann, Direktor der Nationalgalerie Berlin, wird es später noch | |
politischer fassen, indem er von einem „in die Zukunft weisenden Bekenntnis | |
für Deutschland als Kulturnation“ spricht: Da muss gar nicht mehr die Rede | |
sein vom neuen Rechtspopulismus oder vom BER, der in deutlich größeren | |
Schritten teurer wird. | |
Das Interessanteste aber, was an diesem Vormittag zum Neubau gesagt wird, | |
stammt wieder einmal vom Architekten selbst, von Jacques Herzog. Was dem | |
Entwurf seines weltweit bekannten Büros, das auch ausdrucksstarke Gebäude | |
wie die Elbphilharmonie in Hamburg und das Olympiastadion in Peking gebaut | |
hat, immer wieder vorgeworfen wird, ist: dass er zu bieder sei, zu | |
konventionell. | |
In wenigen Worten umreißt Herzog, warum das Satteldach, das vielleicht ein | |
wenig an eine Feldscheune erinnere, an dieser Stelle so goldrichtig sei. | |
Das Museum der Moderne wird an einem schwierigen Fleck in dieser Stadt | |
stehen, an einem Ort voller ikonischer Gebäude von der Neuen | |
Nationalgalerie bis zur Stabi und Philharmonie. Da ein weiteres in dieser | |
Art hinzuwerfen, das hätte kaum Sinn ergeben. „Es brauchte keinen Prunk und | |
keine übermäßig skultpturale Geste für die äußere Form.“ Der Architekt | |
tritt, den eklatanten Kosten seines Baus zum Trotz, hinter die Menschen, | |
die sich unter seinem großen, archaischen Dach treffen, miteinander ins | |
Gespräch kommen und auch der Kunst begegnen sollen. | |
Anders als beim 2020 fertigen Humboldt Forum, wo es zuerst den Wunsch gab, | |
ein Schloss wiederaufzubauen und dann das Nachdenken darüber, womit es denn | |
eigentlich zu befüllen sei, wurde dieses Museum für Menschen aus allen | |
Bevölkerungsschichten gemacht – und zwar nicht nur für Touristen, sondern | |
auch für die Berliner selbst, die hier ganze Tage werden vertrödeln können. | |
Dieses Museum mit Eingängen auf allen Seiten soll am besten bis spät in die | |
Nacht geöffnet sein, es wird über viele eintrittsfreie Bereiche verfügen, | |
wo sich die Menschen treffen können wie im öffentlichen Raum. Die Treppen | |
können sich abends in Amphitheater verwandeln. | |
Am Ende dieses wirklich schönen Tages möchte man es am liebsten wie Monika | |
Grütters und Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung preußischer | |
Kulturbesitz, halten. In beider Reden fällt das Wort Halleluja. | |
Es geht aber auch ganz ohne Gotteslob: Gut, dass Berlin ein solches Museum | |
bekommt. | |
3 Dec 2019 | |
## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
## TAGS | |
Mies van der Rohe Preis | |
Katrin Lompscher | |
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