# taz.de -- Barbara Oertel über die „Wahlen“ in Weißrussland: Ohne lästi… | |
Schön, dass es noch Konstanten im postsowjetischen Leben gibt. Vielleicht | |
würde Weißrusslands autokratischer Dauerherrscher Alexander Lukaschenko, | |
zumindest der Kosmetik halber, wie noch 2016 einige Oppositionskandidaten | |
ins Parlament einziehen lassen? Von wegen! In der neuen Volksvertretung | |
werden künftig wieder alle 110 Sitze von regierungstreuen Abgeordneten | |
besetzt sein. | |
Dafür hatte das Regime gute Vorarbeit geleistet. Kritische Kandidaten | |
wurden während des sogenannten Wahlkampfs nach Kräften behindert oder | |
gleich ganz von der Wahl ausgeschlossen. Die Möglichkeit, schon einige Tage | |
vor dem Abstimmungstermin am Sonntag und ohne die Präsenz lästiger | |
Beobachter die Urnen zu befüllen, brachte bisweilen brillante Ergebnisse | |
von über 100 Prozent Zustimmungsraten hervor. | |
Das war in bewährter Manier flankiert vom Druck staatlicher Stellen auf | |
Studierende und Arbeitskollektive, an der „richtigen“ Stelle das Kreuz zu | |
machen. Alles wie immer eben. Und doch sollte Lukaschenko gewarnt sein. | |
Der Ex-Vorsitzende einer Kolchose, der im kommenden Jahr erneut antreten | |
will, hat schon bessere Zeiten gesehen. Denn auch in Weißrussland ist | |
mittlerweile eine Zivilgesellschaft entstanden, die, wenn auch weit weniger | |
vehement als in der Ukraine oder Georgien, beginnt, ihre Rechte | |
einzufordern. | |
Auch mit Moskau, dem Hauptsponsor der maroden weißrussischen Wirtschaft, | |
läuft es nicht rund. Noch widersetzt sich Lukaschenko den | |
Umarmungsversuchen Russlands, das den Nachbarn wirtschaftlich und | |
militärisch noch enger an sich binden will. Fragt sich, wie lange noch. | |
Und der Westen? Er hat sich gegenüber Lukaschenko, der sich gerne als | |
Vermittler in der Ukraine-Krise geriert, in jüngster Zeit recht | |
aufgeschlossen gezeigt. Dennoch sollte er nach dieser Wahlfarce nicht | |
einfach zur Tagesordnung übergehen. Er sollte diejenigen stärken, die sich | |
für eine demokratische Entwicklung in Weißrussland einsetzen. Alles andere | |
wäre ein Armutszeugnis, wenn auch nicht das erste. | |
[1][ausland] | |
19 Nov 2019 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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