Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die taz bleibt wie sie war – anders
> Paywalls, staatliche Hilfe für Zustellungen, Finanzierung durch Spenden –
> die Medienbranche ist im Zuge der Digitalisierung auf der Suche nach
> neuen Geschäftsmodellen. Was plant die taz?
Bild: Ob Tablet, Handy oder gedruckte Zeitung: Die Inhalte der taz bleiben dies…
Von Andreas Marggraf
Seit Februar bin ich nun Geschäftsführer der taz – und habe mich seitdem
intensiv mit der digitalen Transformation der Zeitung und ihrer
Zukunftsfähigkeit beschäftigt. Seit März arbeiten wir – Geschäftsführung,
Chefredaktion und ein Team von Produktentwickler*innen – an der
Weiterentwicklung der taz. Erste Ergebnisse wurden bereits auf der
Generalversammlung der taz Genossenschaft vorgestellt, wo wir sehr gute
Rückmeldungen bekommen haben. Zu solch einem Prozess gehört indes auch,
sich immer wieder zu fragen, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Wenn ich
mir die Lage auf dem Tageszeitungsmarkt anschaue und mit unseren Plänen
vergleiche, kann ich dies eindeutig mit „Ja“ beantworten. Das möchte ich
Ihnen gern erläutern.
Die taz war schon immer anders. Sie wurde nicht wegen des Profits
gegründet, sondern wegen der Inhalte, mit alternativem, anspruchsvollem wie
wachem Journalismus. Und als Zeitung, die zunächst ihren Vereinsmitgliedern
gehörte und seit 1992 als Genossenschaft organisiert ist, war sie nie
Mitglied des BDZV, des Bunds Deutscher Zeitungsverleger. Umso
erstaunlicher, dass Kalle Ruch, noch bis Ende des Jahres Mitglied der
Geschäftsführung, Ende September auf dem Zeitungskongress des BDZV als
Redner eingeladen war, um über das Zukunftsszenario der taz zu sprechen.
Dass die Vorstellung, die Zeitung an Werktagen in Zukunft nicht mehr zu
drucken, nicht überall auf Gegenliebe stoßen würde, war nicht überraschend,
ist der Abschied von der täglich gedruckten Zeitung doch ein schwer
vorzustellender Einschnitt in unsere Medienkultur. Dass aber gerade Mathias
Döpfner, Springer-Chef und BDZV-Präsident, die taz-Strategie lobend
unterstützte, hätte man sich zu Zeiten der Gründung unserer Zeitung nicht
vorstellen können. Aber er tat dies natürlich nicht ohne Seitenhieb, denn
er lobte diese Strategie als „eine vorbildliche kapitalistische Leistung“.
Ist die Vorstellung, Zeitungen nicht mehr täglich zu drucken, tatsächlich
eine „gefährliche Wahrsagerei, die die Leser*innen vorschnell aufgibt“, wie
es der Verleger Martin Balle sieht? Oder ist es nicht eher so, dass die
Leser*innen selbst die gedruckte Zeitung aufgeben, indem sie keine
Printzeitungen mehr abonnieren und stattdessen digitale Produkte nutzen?
Was alle in der Medienbranche eint, ist die Suche nach einem neuen
Geschäftsmodell der tagesaktuellen Publizistik – nach dem Wegbrechen der
durch Anzeigen und Printabonnements finanzierten Tageszeitung. Damit hört
die Gemeinsamkeit aber auch schon auf. Der BDZV fordert staatliche Hilfen
für die Zustellung von Zeitungen. Fraglich ist, ob das bei kontinuierlichem
Sinken der Druckauflagen eine tragfähige Zukunftslösung ist, zumal diese
Forderung auch eine Abhängigkeit vom Staat bedeuten würde. Für die taz
kommt hinzu, dass sie aufgrund ihrer überregionalen Verbreitung kein
eigenes Zustellnetz betreiben kann und schon jetzt von einem komplizierten
und immer unzuverlässigerem Zustellsystem der Regionalzeitungen abhängig
ist.
Eine andere Idee ist, den Journalismus als gemeinnützig anzuerkennen und
ihn damit über Spenden zu finanzieren. Eine Bundesratsinitiative des Landes
Nordrhein-Westfalen mit dem Ziel der Änderung der Abgabenordnung will es
ermöglichen, dass Medien, die nicht kommerziell betrieben werden und der
Selbstregulierung durch den Pressekodex unterliegen, als gemeinnützig
anerkannt und damit steuerbegünstigt werden. Damit soll die für die
Demokratie so wichtige Medienvielfalt erhalten bleiben. Für Initiativen und
Vereine, die im Bereich von investigativem Journalismus arbeiten, ist dies
sicher eine gute Möglichkeit der Finanzierung. Aber nicht für
Geschäftsmodelle, bei denen mit Abonnements, die auf Leistungsaustausch
beruhen (Abonnementgelder gegen Zeitungsprodukte), Erlöse für die
Finanzierung eines wirtschaftlichen Verlagsgeschäfts erzielt werden sollen.
Fraglich ist auch, ob es genügend Spender*innen für eine solche
Finanzierung geben würde. Für die Verlage des BDZV ist dies daher keine
Lösung. Auch für die taz könnte es nur in einigen Bereichen, wie bei der
taz Panter Stiftung oder dem freiwilligen Bezahlmodell taz zahl ich
hilfreich sein, nicht aber beim Geschäftsbetrieb mit Abonnements, der auch
zukünftig den größten Teil der Erlöse der taz ausmachen wird. Klar ist,
dass mit digitalen Publizistikmodellen Geld verdient werden muss. Neben der
Einführung von digitalen Abos oder Paywalls für die Internetseiten der
Zeitungen ist eine Lösung, die immer wieder diskutiert wird, die Einführung
von Plattformangeboten. Für eine Flatrate soll man ähnlich wie zum Beispiel
bei Netflix Zugang zu einem Mix aus Medienangeboten bekommen. Für Lesende,
die gern einen Überblick über diverse Meinungen zu bestimmten Themen haben,
ist das gewiss eine schöne Lösung. Sie verkennt aber, dass Zeitungen ja
gerade die Funktion haben, ihren Lesenden einen Nachrichten- und
Meinungsüberblick zu geben und ihnen damit eine „Heimat“ zu sein. Darüber
hinaus wäre die Frage, wer dafür eigentlich den Preis bestimmt und was die
einzelnen Medien am Ende daran verdienen.
Der mäßige Erfolg solcher Angebote zeigt, dass dies nicht die Lösung für
die Zukunft ist. Gerade für die taz, bei der sich die Lesenden stark mit
ihrer Marke und ihrer Community solidarisieren, wäre dies kein
einleuchtender Weg. Und bei der sich zeigt, dass das freiwillige Zahlmodell
taz zahl ich für den freien Zugang zum Internetangebot bestens
funktioniert. Denn es basiert eben auf dieser Idee der Community und der
Solidarität.
Die digitale Transformation gibt es nicht umsonst. So stellt sich die
Frage, wie sie finanziert werden kann. Eigentümer*innenwechsel wie bei der
Le Monde in Frankreich, bei der Berliner Zeitung oder beim
Axel-Springer-Verlag in Deutschland geben zwar Hoffnung, dass in die
Zukunft der Zeitungen investiert wird. Aber lassen sich die ehrgeizigen
Ziele so umsetzen, dass Unabhängigkeit und Qualität des Journalismus
gewahrt bleiben und gleichzeitig genügend Gewinne gemacht werden, um die
Investitionen zu finanzieren? Die taz hat mit der Genossenschaft zum Glück
ein Modell, das sowohl eine stabile Kapitalbasis gewährleistet,
gleichzeitig aber auch die Unabhängigkeit des Journalismus sichert. Bald
20.000 Genoss*innen sind schon dabei und sichern so die Zukunft der taz.
Und was bringt uns die ganze Digitalisierung? Bei der taz bezahlen schon
heute täglich über 16.000 Lesende für die digitale Ausgabe der taz als
ePaper oder in der App und finanzieren so einen wesentlichen Teil der
Redaktion. Monatlich verzeichnet unsere Webseite 6 Millionen Besuche, über
17.000 taz.de-Nutzer*innen leisten einen regelmäßigen Beitrag für taz zahl
ich. In den sozialen Medien haben wir 576.000 Follower bei Twitter, 290.000
bei Facebook und 35.000 bei Instagram. Unsere Blogs werden monatlich über
80.000-mal besucht. Damit erreicht die taz über ihre verkaufte Druckauflage
von täglich circa 28.000 (am Wochenende etwa 45.000) hinaus so viele
Menschen wie nie zuvor. Die Digitalisierung lohnt sich also nicht nur
wirtschaftlich, sondern auch für das, wofür die taz gegründet wurde: für
eine linke Gegenöffentlichkeit. Ist es nicht genau das, woran wir seit über
40 Jahren arbeiten?
19 Oct 2019
## AUTOREN
Andreas Marggraf
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.