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# taz.de -- landesjugendring: Lobbyarbeit für die Jugend
> Vor 70 Jahren wurde der Berliner Landesjugendring als Dachverband von
> Jugendgruppen gegründet. Leistungsdruck macht das Ehrenamt immer schwerer
Bild: Immer die Interessen der Jugend im Blick: Pfadfinder und andere Jugendorg…
Von Gabriel Rinaldi
Der Landesjugendring Berlin wird in diesem Monat 70 Jahre alt. Derzeit
vereint er 34 Jugendverbände. Dabei sitzen Pfadfinder*innen an einem Tisch
mit Jungsanitäter*innen und Jungsozialist*innen. Ziel und Zweck des
Dachverbandes ist die Interessenvertretung junger Menschen aus Berlin.
Die Gründungsurkunde unterzeichneten sechs Jugendverbände am 3. September
1949. Eigentlich hatte es einen solchen Zusammenschluss bereits seit 1947
gegeben, den Jugendring Groß-Berlin. Dieser wurde unter Einschluss der
Freien Deutschen Jugend (FDJ) gegründet, die dann die einzige staatlich
anerkannte und geförderte Jugendorganisation der DDR war – und damals
angeblich noch parteipolitisch unabhängig.
„Im Anfang hemmte die FDJ durch ihre Propagandareden die sachliche Arbeit“,
heißt es aber in einem Bericht aus dem Jahr 1950. Als es mit der ersten
Berlin-Krise und der sowjetischen Blockade Westberlins in den Jahren
1948/49 dann politisch brisant wurde, entschieden sich die anderen Verbände
für eine Neugründung: so entstand der Landesjugendring.
Zu den Gründungsmitgliedern gehörten die Berliner Landesverbände der
Sozialistischen Jugend (Die Falken), der evangelischen und katholischen
Jugend, ein Pfadfinder*innenverband und ein Vorläufer der DGB-Jugend.
Bereits vor 70 Jahren waren dies also Verbände, die aus den
unterschiedlichsten Bereichen kamen und durchaus verschiedene Visionen für
die Gesellschaft hatten.
Trotz der unterschiedlichen Wertefundamente besannen sie sich auf
gemeinschaftliche Ziele. „Gemeinsame Interessen waren und sind die
Grundlage unserer Arbeit“, sagte der Vorsitzende Marcel Hoyer bei einer
Feierstunde zum Siebzigjährigen im Frannz-Club. Die Gründungssatzung führt
wenige Kernaufgaben an, auf die man sich einigen konnte. Darunter die
Wahrnehmung der Interessen und Rechte der Berliner Jugend. Aber auch die
Förderung der Zusammenarbeit der gesamten Jugend. Trotz der vielfältigen
und unterschiedlichen Verbände war es seit Anfang an das Hauptanliegen,
eine starke Stimme für die Berliner Jugend zu bilden.
Heute vertritt der Landesjugendring laut eigenen Angaben mehr als 50.000
Berliner Jugendliche, die sich ehrenamtlich engagieren. Der Verband
organisiert weiterhin gemeinsame Projekte. Zu den Vorhaben der einzelnen
Gruppen kommen gemeinsame Fortbildungen und Netzwerktreffen.
Außerdem bildet der Dachverband die Jugendleiter*innen aus, von denen es in
Berlin derzeit rund 2.400 gibt. Sie übernehmen Verantwortung und leiten die
zahlreichen Aktivitäten wie beispielsweise Zeltlager in den Ferien.
„Die Jugendverbände sind die Nachwuchsleistungszentren für die Demokratie�…
sagte Jugendsenatorin Sandra Scheeres (SPD) in ihrer Rede bei der
70-Jahre-Feier. Sie war selbst aktiv in einem Jugendverband, bei den
Falken, der sozialistischen Jugend. „Die Arbeit ist anstrengend, aber es
macht auch Spaß, weil man etwas bewegen kann“, so Scheeres. Besonders
wichtig sei dabei die Arbeit mit anderen Kindern und Jugendlichen: „Junge
Menschen lernen in den Verbänden, was Demokratie heißt“, sagt sie. „Man
arbeitet an einem Ziel.“ Dieser Grundgedanke eine alle Jugendverbände.
Eine Herausforderung stellen dabei die sich verändernden Bedingungen dar.
Da ist zum einen der Leistungsdruck in Schule und Universität, der das
Ehrenamt erschwert. Aber auch die wachsende Stadt Berlin, die immer weniger
Freiräume für Jugendarbeit bereithält. Und neuerdings auch Angriffe von
ganz rechts, die sich in den letzten Jahren häufen, wie es im Jahresbericht
2018 heißt.
Um in solchen Fällen zu helfen und die angesprochenen Probleme anzugehen,
ist der Landesjugendring da. Er spricht mit der Politik und stellt
Forderungen. Und hilft den einzelnen Verbänden bei Schwierigkeiten, ohne
deren Selbstorganisation infrage zu stellen. Seit 2015 vergibt er außerdem
die öffentlichen Fördergelder für die Berliner Jugendverbände. „Wir müss…
die Hürden für das Ehrenamt abbauen“, sagt Hoyer. Konkret fordert der
Landesjugendring eine Freistellung von Schule, Universität und Arbeit für
das Ehrenamt sowie einen Ferienschutz für Studierende. Denn: Uni-Prüfungen
während der Schulsommerferien erschweren die Jugendarbeit, da viele
Jugendleiter*innen studieren.
Universitäten sollen das Engagement stattdessen fördern und im Studium
anrechnen lassen. Zudem fordert der Verband Vergünstigungen für
Ehrenamtliche, zum Beispiel kostenlose Tickets für den öffentlichen
Nahverkehr.
Man könnte sagen, dass der Landesjugendring Lobbyarbeit für das Ehrenamt
und die Jugendarbeit macht. Ein Ziel hat der Verband in Abstimmung mit der
Berliner Politik erst kürzlich erreicht: das neue Jugendförder- und
Beteiligungsgesetz, das mehr Geld für die Jugendarbeit verspricht. In
Zukunft sollen rund 25 Millionen Euro mehr für die Jugendarbeit – etwa für
Jugendclubs, Abenteuerspielplätze, Jugendreisen – zur Verfügung stehen. Der
Landesjugendring möchte eine vermittelnde Rolle einnehmen: „Bei der
Umsetzung möchten wir eine echte Beteiligung junger Menschen ermöglichen“,
so Hoyer. Ein Blick auf die Wachstumsprognosen der nächsten Jahre zeigt.
Das Geld wird gebraucht: Bis 2030 sollen 36.000 Kinder und Jugendliche neu
dazukommen.
11 Sep 2019
## AUTOREN
Gabriel Rinaldi
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