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# taz.de -- Am Ende der Nahrungskette
> Deliveroo liefert ab Freitag nicht mehr, die Fahrer*innen erfahren das am
> Montag per E-Mail
Von Gabriel Rinaldi
Der Essenslieferdienst Deliveroo stellt am Freitag seinen Dienst in
Deutschland ein. Die rund 1.000 Fahrer*innen erfuhren das wie auch die
Kund*innen am Montag per E-Mail.
Fernando hat in Hamburg knapp zwei Jahre für Deliveroo gearbeitet, seinen
Namen haben wir geändert. Von seiner Kündigung hat er via E-Mail erfahren.
„Jeder bei Deliveroo weiß deinen Einsatz sehr zu schätzen“, heißt es dar…
„Es ist extrem kurzzeitig und kommt doch überraschend für alle
Fahrer*innen“, sagt Fernando im Gespräch mit der taz. Die Auftragslage sei
gut gewesen, er habe viele Stammkund*innen gehabt. „Der Verdienst war auch
echt okay, trotz aller Abgaben“, sagt er. Er habe zwischen 10 und 30 Euro
pro Stunde verdient. Sein Fazit: „Extrem unpersönlich, wenig bis kein
Support, aber es hat funktioniert“, sagt Fernando.
Keiner habe mit einer Kündigung gerechnet. Und erst vor einem Monat sei ein
neues Bezahlmodell für die Fahrer*innen eingeführt worden. „Ich hatte
gerade noch neues Equipment für 300 Euro gekauft und mit dem Einkommen der
nächsten Wochen gerechnet“, sagt Fernando. „Jetzt fällt erst mal die
Existenzgrundlage weg.“
Deliveroo selbst war am Montagnachmittag für eine telefonische
Stellungnahme nicht zu erreichen. In der E-Mail an die Fahrer*innen, die
der taz vorliegt, heißt es: „Als Geste des guten Willens würden wir dir
gerne folgende Entschädigungszahlungen anbieten.“ Diese umfassen eine
einmalige Zahlung in Höhe von zehn Tagesvergütungen und eine
Zwei-Wochen-Vergütung, die lediglich ausgezahlt wird, wenn ein Brief
unterschrieben wird, der die Fahrer*innen in den nächsten Tagen erreichen
soll. Klar ist hingegen: Diese beiden „freiwilligen Zahlungen“, wie
Deliveroo es nennt, werden berechnet auf Basis der durchschnittlichen
Vergütung in den 12 Wochen bis zum 3. August. In anderen Worten: Wer in
dieser Zeit Urlaub hatte, krank war oder von der Flexibilität des
Arbeitsverhältnisses Gebrauch gemacht hat, geht leer aus.
Denn: Deliveroo setzt auf den Einsatz von Freelancer*innen. „Das ist jetzt
besonders ärgerlich“, sagt Christoph Schink von der Gewerkschaft
Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) zur taz. Die NGG kritisiere dieses Modell
bereits seit Jahren: „Das ist ein Geschäftsmodell, das auf Selbstausbeutung
beruht“, sagt Schink. Die Kündigungsfristen seien kurz, Absicherungen durch
die freiberufliche Beschäftigung kaum vorhanden. „Die Leute auf den Straßen
kommen als letzte in der Nahrungskette.“
Wie das Unternehmen mitteilte, sei das Geschäft in anderen europäischen
Ländern sowie in der Asien-Pazifik-Region derzeit deutlich lukrativer.
Fernando wird jetzt Bewerbungen schreiben. „Jetzt sind in Hamburg alle
meine Kolleg*innen und ich auf Jobsuche, auf einem Schlag, mit
Existenzdruck im Nacken“, sagt er. „Das ist schon bedrohlich, mal sehen was
nächsten Monat mit Miete so geht.“
Auch die Kund*innen sollten handeln. Das Guthaben wird zwar
zurückerstattet, die Daten bleiben allerdings in der Hand von Deliveroo.
Wer das verhindern möchte, sollte eine E-Mail aufsetzen und das Konto
löschen.
13 Aug 2019
## AUTOREN
Gabriel Rinaldi
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