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# taz.de -- Drei Minuten in der Kältekammer: Bisschen frisch
> Es ist heiß in Deutschland. Richtig heiß. Abkühlung gibt’s am See – od…
> in der Kältekammer. Unser Autor wurde dort auf -159 Grad runtergekühlt.
Bild: „Wie lange noch?“ – „Zwei Minuten.“ – „ZWEI MINUTEN?“.
Die Kammer erinnert an einen aufgerichteten Sarg, innen grau gepolstert,
außen grau glänzend. Nix für Menschen mit Klaustrophobie. Ich stelle mich
hinein, die Tür wird geschlossen, fahrstuhlesk werde ich ein paar
Zentimeter nach oben gefahren.
„An der Seite kommt dann gleich die Kälte raus. Dreh dich ruhig, damit sie
sich besser verteilt“, sagt die kompetent wirkende sportliche Chefin des
Cryosizer Clubs B1 in Berlin. Drei Minuten soll ich jetzt also hier drin
frieren. Dabei ist mir jetzt schon kalt, bevor irgendwo was rauskommt.
Dann strömt die Kälte, in Form von flüssigem Stickstoff. Es wird kalt. Sehr
kalt.
Ich drehe mich, weißer Dampf steigt hoch, umhüllt meinen Kopf. Das gaukelt
meinem Hirn vor, ich sei von Wärme umgeben. Dampf = Wärme. Hier ist Dampf
aber Kälte. –70, –82, –119. Die rote LED-Anzeige springt in absurde Tief…
–142, –151.
Etwa alle 15 Sekunden ein neuer Kälteschub. –126, –162.
Ich drehe mich und bibbere. Ist kalt duschen kälter? Ich erinnere mich
nicht, hab ich nur einmal gemacht, als die Heizung ausgefallen war.
„Wie lange noch?“
„Zwei Minuten.“
„ZWEI MINUTEN?“, denke ich. Der Fotograf will, dass ich entspannt gucke.
Angeblich geht’s hier gar nicht so sehr um die Kälte, sondern ums Fett. Bis
zu 700 Kalorien soll man mit einer Behandlung verbrennen, weil der Körper
sich selbst vor dem Erfrieren schützt. „Kalorienburner to go“ steht drauß…
auf einem Schild. Die Kundschaft sitzt in den umliegenden Büros, soll in
der Mittagspause mal kurz zum Abkühlen und Abnehmen vorbeischauen. Klappt
ganz gut, sagt die Chefin. Eine Straße weiter gibt’s „Botox to go“.
Puff, neue Kälte von der Seite. Ich habe am ganzen Körper Gänsehaut, fühle
am Unterarm verhärtete, hügelige Haut, steche mich kurz an den
aufgestellten Haaren an den Oberschenkeln und bin froh, dass meine Füße in
dicken Pantoffeln stecken.
Puff. Drehen. Frieren. –142, –121, –92. Puff. –112, –125, –162.
„Wie lange noch?“
„Die Hälfte ist geschafft.“
„Die HÄLFTE?“, denke ich.
Aber wenn selbst Rheuma- und Schmerzpatienten in Krankenhäusern das
durchstehen, schaffe ich das auch. Soll ihnen helfen. Selbst im
Spitzensport werden die Kältekammern eingesetzt, für Regeneration und so.
Cristiano Ronaldo ist der wohl prominenteste Kältekammerfan.
„Wie lange noch?“
„20 Sekunden. Geht’s noch?“
„Muss ja.“
Ich darf raus. Bin Gänsehaut. Alles weiß, hart, kalt. Ich gucke an mir
runter. Kein Ronaldo-Body. Traurig.
Ich friere. Auch als ich wieder die Klamotten anhabe. Langsam stülpen sich
die Gänsehauthügel ein. Erfrischt fühle ich mich, munter – und geschafft.
Auf dem Rad schwitze ich wieder. Endlich.
Die Kältekammerbehandlung gibt’s ab 18 Euro. Unser Autor hat sich
eingeladen.
25 Jul 2019
## AUTOREN
Paul Wrusch
## TAGS
Hitze
Kälte
Sommer
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