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# taz.de -- taz🐾thema: Romantik mit Rückversicherung
> Ein Ehevertrag kann Paaren helfen, ihre materiellen Ansprüche
> gegeneinander einvernehmlich zu regeln – zumal, wenn ererbtes Vermögen
> eine Rolle spielt. Heute schließen mehr Paare als früher eine solche
> Vereinbarung ab
Von Hannes Koch
Eine komische Sache ist es, heiraten zu wollen und dabei gleich die
Finanzen nach der möglichen Scheidung zu regeln. Das ist der Sinn eines
sogenannten Ehevertrags. Geht da nicht die Romantik flöten? Partiell
vielleicht schon – aber Paare, die eine solche Vereinbarung schließen,
beugen Problemen vor, die ihnen später das Leben versauern könnten. In
welchen Konstellationen hilft ein Ehevertrag?
„Mehr Paare als früher schließen eine solche Vereinbarung“, berichtet die
Familienrechtsanwältin Heidi Gacek. Ihre Kanzlei liegt im Berliner
Regierungsviertel, wo viele überwiegend jüngere Beschäftigte in
gutbezahlten und hochqualifizierten Jobs arbeiten. In dieser Szene kommt es
öfters vor, dass die zukünftigen Eheleute vor der Hochzeit gekaufte oder
ererbte Immobilien mitbringen. Dann denkt der eine oder die andere: Keine
Lust, dass ich im Scheidungsfall die Hälfte vom Wertzuwachs abtreten muss,
wenn sich der Preis der Wohnung oder des Hauses in den kommenden
Jahrzehnten verdoppelt oder sogar verdreifacht.
Das ist eine typische Anwendung von Eheverträgen: Der Zugewinnausgleich
wird ausgeschlossen oder verändert. Normalerweise gilt bei der Scheidung,
dass das während der Ehe gewachsene Vermögen hälftig geteilt wird. Ist
dieser Zugewinn auf einer Seite viel größer als auf der anderen, etwa durch
Immobilienpreis-Steigerungen, können schnell hunderttausende Euro die
Besitzer*innen wechseln.
Weil das Institut der Ehe die beiden Partner*innen während der gemeinsamen
Zeit, aber auch darüber hinaus wirtschaftlich absichern soll, gibt es im
Bürgerlichen Gesetzbuch mehrere Regeln für einen gewissen materiellen
Ausgleich nach der Trennung. Neben dem Zugewinnausgleich geht es dabei um
den Unterhalt, den diejenigen an die andere Seite zahlen müssen, die
deutlich mehr verdienen. Dabei wird auch die finanzielle Absicherung der
Kinder geklärt. Außerdem gibt es den Versorgungsausgleich, der die
erarbeitete Alterssicherung miteinander verrechnet.
„Diese Regeln lassen sich im Ehevertrag individuell modifizieren oder
größtenteils ganz ausschließen“, erklärt Britta Beate Schön, Juristin be…
Verbraucherportal Finanztip. „Ausnahmen existieren jedoch für den Unterhalt
in der ersten Zeit nach der Trennung und die gesetzlich vorgeschriebenen
Zahlungen zugunsten der Kinder.“
Sinnvoll sind solche Überlegungen etwa bei kinderlosen Ehen mit großen
Einkommens- und Vermögensunterschieden zwischen den Partner*innen, die
diese jedoch akzeptieren und nicht einebnen wollen. Neben dem Schutz
ererbten Vermögens mag ein Grund beispielsweise darin bestehen, dass der
weniger betuchte Partner den Eindruck ausschließen will, es vornehmlich auf
den Reichtum seiner Partnerin abgesehen zu haben.
Eine weitere Konstellation, die einen Ehevertrag ratsam erscheinen lässt:
„Eine Partei ist freiberuflich tätig zum Beispiel als Architektin in einer
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zusammen mit Kollegen oder als Arzt
in einer Gemeinschaftspraxis“, sagt Anwältin Gacek. Ohne Vertrag könnte ein
Teil des Betriebskapitals in den Zugewinn fallen, und die Auszahlung an die
andere Partei gefährdet die Existenz der Firma. Das lässt sich
ausschließen.
Auch Paare, die im Ausland geheiratet haben, dort leben oder verschiedene
Staatsangehörigkeiten besitzen, sollten sich mit der Frage
auseinandersetzen. Sie können im Vertrag festschreiben, welches nationale
Recht im Fall der Scheidung gilt. Das kann Ungemach und Überraschungen
ersparen, weil ohne eine Regelung unter Umständen ausländisches Recht zum
Zuge kommt.
Ein Ehevertrag muss nicht unbedingt in zeitlicher Nähe zur Hochzeit
abgeschlossen werden – später geht es auch noch. Rechtsanwält*innen bieten
entsprechende Beratung. Wer weiß, was er oder sie will, mag aber darauf
verzichten und das Anwaltshonorar sparen. Damit der Vertrag rechtswirksam
und einklagbar ist, muss er jedoch von Notar*innen beurkundet werden. Die
sind auch verpflichtet, die Partner*innen davor zu schützen, dass die eine
Partei die andere sittenwidrig über den Tisch zieht.
Als spezielle Variante des Ehevertrages kann man die
Scheidungsfolgenvereinbarung betrachten. „Die kommt ins Spiel, wenn die
Eheleute merken, dass das Zusammenleben nicht mehr funktioniert und sie
sich ohne Streit über das Geld trennen wollen“, sagt die Berliner
Familienanwältin Bettina Hassler.
Darin können sich solche Sätze finden: „Wir werden weiterhin voll
berufstätig sein und können jeder für seinen Unterhalt selbst aufkommen.
Wir wollen gütlich auseinandergehen und nichts voneinander haben.“ Und:
„Deshalb verzichten wir für den Fall einer rechtskräftigen Scheidung
gegenseitig auf jeglichen nachehelichen Unterhalt, auch für den Fall der
Not.“ Klingt hart – aber wenn das Paar einig ist, mag es sich dadurch
später einigen Nerv vermeiden.
Die Kosten halten sich übrigens in Grenzen, wenn nicht große Immobilien-
und Kapitalvermögen in die Scheidungsmasse eingehen. Dann kann man mit
einigen hundert Euro Anwalts- und Notargebühren auskommen.
1 Jun 2019
## AUTOREN
Hannes Koch
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