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# taz.de -- Michael Pöppl Weinprobe: Luft, Liebe und Geduld
> die verlagsseite der taz
Am „Gipsdreieck“ in Mitte liegt seit drei Jahren der Weinladen von Jan
Wemhöner. Neungrad heißt er programmatisch, denn neun Grad Celsius sind, so
der junge Weinhändler, die ideale Trinktemperatur für viele Weißweine.
Wemhöner stammt aus einer Familie von Weinfans, und so entstand aus der
familiären Leidenschaft eine Geschäftsidee, eigentlich sogar zwei: Auch
Wemhöners Eltern betreiben eine Weinhandlung in seiner alten Heimatstadt
Herford.
Rund 50 Prozent der 150 Weine im Sortiment des nur circa 20 Quadratmeter
großen Ladens stammen von deutschen Winzern, dazu kommen vor allem Flaschen
von Weingütern aus Österreich, Italien und Frankreich. Das internationale
Publikum aus dem Kiez liebt die Weißweine von spannenden Winzern, wie das
„Fleißige Lieschen“, ein intensiver Riesling der jungen Winzerin Lisa Bunn
aus Rheinhessen. Neue, interessante Winzer findet Wemhöner häufig auf
Messen der „sehr entspannten jungen Szene“. Erstaunlicher Weise ähnelten
dabei „viele Winzer dem Charakter ihrer Weine“.
Wemhöhners erste Empfehlung für die taz-Leser ist ein Grauburgunder der
Brüder Christoph und Johannes Thörle aus dem Saulgau. Ihre Familie ist seit
dem 16. Jahrhundert im Weinbau tätig, seit 2006 hat die junge Generation
die kalksteinreichen Weinberge übernommen und das Weingut umgekrempelt.
Ihren klassischen heimischen Rebsorten wie Riesling, Silvaner oder den
diversen Burgundern lassen die Winzer viel Zeit. „Kontrolliertes Nichtstun“
ist ihre Devise, lange Maischestandzeiten und wilde Hefegärung gehören zum
Konzept der vielfach ausgezeichneten Topwinzer aus Rheinhessen. Der 2018er
Lagenwein zeigt sich sehr dicht, mit feiner Frucht von Birne und grünem
Apfel, angenehmer Säure, leichten Walnusstönen und Muschelkalk. Ein
anspruchsvoller, aber alltagstauglicher Grauburgunder, der zu vielem passt.
Wemhöners Tipp Nummer zwei ist ein Naturwein des Winzerpaars Heike und
Gernot Heinrich aus dem Burgenland. Seit 2006 bewirtschaften sie ihre
schieferhaltigen Weinlagen oberhalb des Neusiedlersees biodynamisch, der
Wein liegt manchmal monatelang auf der Maische, man lässt der Natur ihren
Lauf, erst spät kommt er vom Fass in die Flasche.
Das macht auch den „Chardonnay Leithaberg“ der Heinrichs zur
Herausforderung: Ein Hauch von verrotteten Früchten und modrigem Waldboden
steigt in die Nase. Aber ebenso wie die konsequente Arbeit der Winzer
braucht der Wein viel „Luft, Liebe und Geduld“. Der strenge Geruch
verfliegt bald, die Rauheit der ersten Schlucke verwandelt sich in ein
fantastisches Spiel der Aromen, die diesen Charaktertropfen auszeichnet.
Sicher kein Wein für jeden Tag, aber eine echte Erleuchtung für jeden
Weinfan, der sich auf ihn einlässt.
Neungrad Berlin, Gipsstr. 2, Di.–Fr.- 13–20 Uhr, Sa. 12–20 Uhr,
www.neungrad-berlin.de
Spezialangebot für taz-Leser:
Bei Abnahme von elf Flaschen 2018er „Grauburgunder“ (0,75 l, 8,90 Euro)
oder von elf Flaschen 2015er „Chardonnay Leithaberg“ (0,75 l, 16,90 Euro)
erhalten Sie eine zwölfte Flasche kostenlos dazu.
25 May 2019
## AUTOREN
Michael Pöppl
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