# taz.de -- 3.000 Jahre Science-Fiction | |
> Johann Büsen präsentiert in der Kulturkirche St. Stephani eine | |
> Bibelexegese mit den Mitteln digitaler Kunst | |
Bild: „Noah 2084“ | |
Von Frank Schümann | |
Etwas unsicher wirkt er, der Mann, der da im Raumanzug auf den Boden | |
blickt, inmitten einer bunt gefärbten Landschaft und mit zwei | |
überdimensionalen Larven in den Händen. Larven, die nur auf den ersten, | |
flüchtigen Blick wie Taschen wirken und sich bei genauerem Hinsehen als das | |
„entpuppen“, was sie sind – Tiere, die vor dem Ende der Welt gerettet | |
werden müssen. Denn bei diesem Mann, der hier zu sehen ist, handelt es sich | |
um Noah – allerdings um einen Noah im Jahre 2084. Im Hintergrund ist ein | |
Raumschiff zu sehen, als eine Art moderne Arche. Bleibt die Frage: Warum | |
Larven, warum nicht Katzen oder Igel? „Ich hatte schon immer ein Faible für | |
Insekten“, sagt der Künstler Johann Büsen, „und die Larven boten sich da | |
einfach an.“ | |
Das Bild ist eines von 47, die nun unter dem Titel „Menetekel“ in der | |
Kulturkirche St. Stephani zu sehen sind. Johann Büsen, der in der | |
Hansestadt bereits durch seine Bebilderung des Kulturtunnels für Aufsehen | |
gesorgt hat, zeigt in dieser Ausstellung Werke aus den vergangenen zehn | |
Monaten – als achter Kunststipendiat der Bremischen Evangelischen Kirche. | |
„Er hat uns mit seinem Konzept überzeugt, wir hatten vorher noch nie einen | |
Stipendiaten im Bereich Digital Native“, sagt die Leiterin der | |
Kulturkirche, Pastorin Diemut Meyer. Durch die Infragestellung der alten | |
Bildsprache entstehe eine neue – „und sehr spannend ist es dabei zu sehen, | |
was dieses Neue mit der ursprünglichen Aussage macht.“ | |
Technisch geht dies wie folgt vonstatten: Büsen nimmt die Bilderflut des | |
Internets als Ausgangsmaterial für die eigenen Arbeiten, sichtet es, | |
sammelt mögliche Bild- und Videofragmente und trägt dann alles neu und im | |
Sinne des jeweils anstehenden Werkes zusammen. Im Falle der Ausstellung | |
„Menetekel“ waren es 60.000 Einzelbilder, sagt Büsen – zur Recherche | |
zählten außerdem das Anschauen von etwa 30.000 alten Kunstwerken und das | |
komplette Durchhören der Bibel. Dann geht es ans Inhaltliche – und dies ist | |
oftmals ein langer, sich stets verändernder Prozess. | |
Nach Ausstellungen in Bremen, Hamburg, Lübeck, Berlin oder London nun also | |
die Arbeit in der Kirche – mit dem Menetekel, dem drohenden Untergang, als | |
Ausgangspunkt. Büsen suchte in der Bibel und in den Werken der alten | |
Meister nach Zeichen, setzte sich auch mit der Schöpfung und den Elementen | |
auseinander – und schuf daraus etwas Eigenes. „Es geht darum, sich eine | |
eigene Sichtweise zu erarbeiten“, sagt Diemut Meyer, die durch viele | |
Gespräche am Prozess beteiligt war, sich aber niemals eingemischt oder | |
Vorgaben gemacht hat. | |
Büsen, der 1984 in Paderborn zur Welt kam und unter anderem Hieronymus | |
Bosch und Albrecht Dürer als Vorbilder nennt, tut der Kirche gut, das ist | |
spür- und sichtbar: Draußen hängen einige Banner – darunter auch der | |
Namenspatron der Kirche –, weitere Exponate befinden sich ebenfalls im | |
öffentlichen Raum. Alles wirkt jung, frisch und auf Diskurs ausgerichtet – | |
und sogar T-Shirts mit den Motiven Büsens werden zum Verkauf angeboten. | |
Kirche goes Pop-Art, könnte man meinen. Es steht ihr. | |
Bis 30. 6., Kulturkirche St. Stephani | |
27 Apr 2019 | |
## AUTOREN | |
Frank Schümann | |
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