# taz.de -- heute in hamburg: „Bildungspolitik ist für viele Klassenpolitik�… | |
Interview Lukas Ziegler | |
taz: Frau Boeddinghaus, warum gedenkt die Linksfraktion mit der | |
Einheitsschule einer Errungenschaft der SPD? | |
Sabine Boeddinghaus: Um unsere sozialpolitischen und bildungspolitischen | |
Forderungen mehrheitsfähig machen zu können, wäre die Unterstützung der SPD | |
wünschenswert. Wir erinnern die Sozialdemokraten immer wieder daran, dass | |
sie selber einmal Politik im Geiste einer „Schule für alle“ gemacht haben. | |
Für eine demokratische und inklusive Schule gilt es, alle Kräfte immer | |
wieder zusammenzuholen, die das eigentlich in ihrem Programm haben. Die | |
Lesung ist eine weitere Möglichkeit dazu. | |
Eine „Schule für alle“, was soll das sein? | |
Wir haben eigentlich schon eine Schule für alle und zwar die Grundschule. | |
Kinder mit verschiedenen sozialen Hintergründen lernen gemeinsam. Es | |
spricht nichts dafür, diese dann im Alter von neun oder zehn Jahren nach | |
Begabungstypen und möglichen Abschlüssen aufzuteilen. Im Herbst stellen wir | |
deshalb ein mit Experten ausgearbeitetes inklusives Schulgesetz vor. Wir | |
werden zeigen, dass eine inklusive Schule im Sinne der UN- Kinderrechts- | |
und Behindertenrechtskonvention möglich ist. Alle Kinder sollten das Recht | |
haben, auf die Schule ihrer Wahl gehen zu können. Die aktuelle Trennung ist | |
politisch gewollt und hat nichts mit Pädagogik zu tun. | |
Was meinen Sie damit? | |
Für viele in der Stadt gilt nach wie vor: Bildungspolitik ist ein Stück | |
weit Klassenpolitik und auch Klassenkampf. Es ist schlichtweg nicht | |
gewollt, dass alle die gleichen Bildungschancen haben und Kinder aus allen | |
Schichten die Möglichkeit bekommen, Abitur zu machen. Das haben Initiativen | |
wie „Wir wollen lernen!“ in der Vergangenheit eindeutig gezeigt. Man will | |
unter sich bleiben. | |
Wie sieht es im Vergleich zu 1919 aus? | |
Man muss sagen, dass sich seitdem die Bildungsbeteiligung und der Zugang | |
zur Bildung natürlich für viele Kinder deutlich verbessert hat. In der | |
sozialen Frage sind wir allerdings eher rückschrittig. Das | |
Zwei-Säulen-Modell spiegelt die soziale Spaltung in der Gesellschaft wider. | |
Es gibt immer noch die Stigmatisierung, dass die Postleitzahl über den | |
Bildungsstand entscheidet. Das gilt für Kinder mit Migrationshintergrund, | |
aber auch für solche mit besonderem Förderbedarf. Statt Inklusion, wie es | |
das Hamburgische Schulgesetz fordert, wird immer mehr Exklusion betrieben. | |
10 May 2019 | |
## AUTOREN | |
Lukas Ziegler | |
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