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# taz.de -- Evaluierung des Geophysik-Instituts Liag: Im Erdboden versunken
> Die Leibniz-Gemeinschaft will sich sich von ihrem Geophysik-Institut
> (Liag) in Hannover trennen. Ein Grund ist die mangelnde Profilbildung.
Bild: Erdfall in thüringischen Schmalkalden
Berlin taz | Schock für die Geowissenschaftler in Hannover. Das
[1][Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (Liag)] soll künftig nicht
mehr der Leibniz-Forschungsgemeinschaft angehören und über sie finanziert
werden. Das hat der Senat der drittgrößten deutschen Forschungsorganisation
in der vorigen Woche nach einer Evaluierung des Instituts empfohlen. Dem
Liag sei es nicht gelungen, so die Begründung, „ein wissenschaftliches
Institutsprofil zu entwickeln und selbständig Forschungsthemen zu setzen“.
Die endgültige Entscheidung über die Zukunft der niedersächsischen Geologen
trifft im Mai die [2][Gemeinsame Wissenschaftskommission (GWK)] von Bund
und Ländern.
Das Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik wurde 1948 unter der
Bezeichnung „Geowissenschaftliche Gemeinschaftsaufgaben“ durch die
westlichen Bundesländer in Hannover gegründet und war zunächst Teil einer
staatlichen Behörde. 1977 wurde es in den Leibniz-Vorläufer „Blaue Liste“
aufgenommen, über die eine Bundesfinanzierung von Landesinstituten geregelt
wurde.
Ziel des Liag ist bis heute die anwendungsnahe Untersuchung der
wirtschaftlich nutzbaren Bodenschichten, etwa zum Einsatz von Geothermie.
Auf der Nordseeinsel Borkum wird die Trennung von salzigen und süßen
Grundwasserschichten untersucht, um die Trinkwasserversorgung der
Bevölkerung zu verbessern. Auch mit sogenannten Erdfällen, bei denen sich
der Boden zu kleinen bis größeren Löchern öffnet, hat das Liag regelmäßig
zu tun.
Mithilfe von eigens entwickelten Messmethoden wie der Scherwellenseismik
werden Informationen über Aufbau und Struktur des Untergrundes ermittelt.
So im thüringischen Schmalkalden, wo die unterirdische Auswaschung von
Gipsschichten Hohlräume erzeugte, die 2010 zu einem spektakulären Einsturz
ganzer Straßen führte. Mit Sonden wird die Lage in Lüneburg überwacht: auch
hier kommt es durch Auswaschungen im Salzstock unter der Stadt, der einst
ihren Reichtum begründete, fortlaufend zu Erdfällen.
Mit seiner Geokompetenz ist das Liag mit 90 Mitarbeitern und einem
Jahresetat von 10,6 Millionen Euro (finanziert zu 50 Prozent vom
Bundeswirtschaftsministerium, 37,5 Prozent vom Land Niedersachsen und 12,5
Prozent von den übrigen Bundesländern) auch ein Teil des „Geozentrums
Hannover“. Darin arbeiten neben dem Leibniz-Institut die Bundesanstalt für
Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) und das Niedersächsische Landesamt
für Bergbau, Energie und Rohstoffe (LBEG) zusammen.
## Profilbildung fehlt
Seine Praxisstärke und die administrative Verflechtung drohen dem Liag nun
aber wissenschaftlich zum Verhängnis zu werden. Denn schon bei ihrer
letzten Prüfung im Jahre 2012 hatten die Leibniz-Evaluatoren dem Institut
empfohlen, sich stärker um seine wissenschaftliche Profilbildung zu
kümmern.
Ohne Erfolg. In [3][seinem Bericht (pdf-Datei)] stellt der Leibniz-Senat
fest, „dass die vor sieben Jahren angemahnten grundlegenden Verbesserungen
nicht im erwarteten Maß erreicht worden“ seien. Statt sich um das
Wissenschaftsprofil zu kümmern, konzentriere sich das Liag „weiterhin auf
die Entwicklung von zwei Fachinformationsdiensten und die
Methodenentwicklung“. Diese seien für sich genommen zwar sehr gut. Es
bleibe aber „unklar, welche wissenschaftlichen Ziele man mit diesen
Entwicklungen verfolge“.
Die neuen Geo-Methoden würden zudem „nur unzureichend nach außen getragen“
oder im Rahmen von Kooperationen Partnern zur Verfügung gestellt. Insgesamt
gesehen seien die Liag-Leistungen „gegenüber der vergangenen Evaluierung
vor sieben Jahren rückläufig“. Diese Situation – beantwortet der
Evaluationsbericht indirekt die Schuldfrage – sei „maßgeblich darauf
zurückzuführen, dass das Aufsichtsgremium des Liag wesentliche
Weichenstellungen versäumte, die zu einer anderen Entwicklung hätten führen
können“. Etwa die Besetzung der seit 2016 vakanten Stelle des
Instituts-Direktors oder die „Beseitigung administrativer Hemmnisse“.
„Als eines der Gründungsmitglieder der Leibniz-Gemeinschaft und seiner
Vorgängerorganisationen bedauern wir die Entscheidung zutiefst“, sagte
Professor Manfred Frechen als stellvertretender Direktor des Liag in einer
ersten Reaktion. Man werde alles versuchen, dass das Institut in anderer
Form weiter geophysikalische Forschung betreiben könne. Aus dem
niedersächsischen Wirtschaftsministerium kamen erste Signale, dass die
Landesregierung den geologischen Forschungsstandort Hannover erhalten
wolle. In welcher Form, müsse nun in Gesprächen zwischen den zuständigen
Ministerien und dem Liag geklärt werden. Am 11. April kommt das Kuratorium
des Instituts zusammen, um seinen eigenen wissenschaftlichen „Erdfall“ zu
beraten.
7 Apr 2019
## LINKS
[1] https://www.leibniz-liag.de/
[2] https://www.gwk-bonn.de/
[3] https://www.leibniz-gemeinschaft.de/fileadmin/user_upload/downloads/Evaluie…
## AUTOREN
Manfred Ronzheimer
## TAGS
Leibniz-Gemeinschaft
LIAG
Geophysik
Evaluierung
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