# taz.de -- Kolumne American Pie: Von den Privilegierten | |
> NBA-Star Kyle Korver hat sich als weißer Spieler mit der eigenen Rolle im | |
> strukturellen Rassismus auseinandergesetzt. Gut so! | |
Bild: Weißer Mann mit Ball: Kyle Korver mit der 26, neben ihm ist Will Barton | |
In der NBA geht es jetzt so richtig los. Nach der Woche der bewegenden | |
Abschiedsspiele von Dirk Nowitzki und seinem langjährigen Rivalen Dwayne | |
Wade liegt der Fokus jetzt endlich auf den Playoffs. Das erste Spiel | |
zwischen den Houston Rockets und den Utah Jazz ist ganz nach Vorhersage | |
ausgegangen: Auch dank der 29 Punkte von James Harden hat sich das Team des | |
Trainers Mike D’Antoni als ernsthafter Kandidat für den Ring der Sieger | |
präsentiert. Fast entscheidender aber war, was sich außerhalb des | |
Spielfelds tat. Das war nämlich ebenso von besonderer Klasse. | |
„Class act“, so kommentierte Chris Paul, Star der Houston Rockets, nämlich | |
den langen Text, den sein Counterpart Kyle Korver, Veteran von Utah Jazz, | |
letzte Woche auf der Website The Players’ Tribune veröffentlicht hat. | |
[1][Unter dem Titel „Privileged“] hatte Korver darin das Thema Rassismus | |
aufgegriffen. Eine weitere Anklageschrift eines rassistisch beleidigten | |
Sportprofis? Ganz und gar nicht. Denn der Utah-Guard, im eleganten | |
kalifornischen Orange County geboren und in Iowa aufgewachsen, ist als | |
weißer Spieler nämlich nicht bloß Zuschauer rassistischer Vorfälle gewesen. | |
Nein, im Gegenteil, sagt er. Er sei immer schon auch Mittäter gewesen. | |
2015 wurde Korvers Mitspieler Thabo Sefolosha in New York von der Polizei | |
ohne Tatverdacht festgenommen und schwer am Bein verletzt. Ein mutmaßlich | |
rassistischer Akt. In der Folge wurde Sefolosha jedoch von allen | |
Anklagepunkten freigesprochen. „Bevor ich die Story kannte und mit Thabo | |
gesprochen hatte, habe ich ihm die Schuld gegeben“, gibt Korver im Text zu. | |
Genau diese Schuldzuweisung hinterfragt er jetzt, auch um die Ambivalenzen | |
eines weißen Spielers in einem überwiegend Schwarzen Sport zu | |
verdeutlichen. Sefolosha ist bei Utah Jazz einer seiner engsten Freunde. | |
Und trotzdem fühlt sich Korver noch heute, als ob er ihn damals im Stich | |
gelassen hätte. | |
## Die sind alle sick and tired | |
Eine ähnliche impulsive Reaktion zeigte er, als | |
Oklahoma-City-Thunder-Spieler Russel Westbrook von einem UJ-Fan rassistisch | |
beschimpft wurde. Ein Vorkommnis, das nicht folgenlos blieb. Im Gespräch | |
mit UJ-Präsident Steve Starks berichteten die Spieler von ähnlichen | |
Erfahrungen. Korver hörte zu und dachte: Sie alle sind „sick and tired“ | |
davon. Das gehe auch über die persönliche Ebene hinaus: Was bedeutet es | |
heutzutage, als dunkelhäutiger Mensch in einer mehrheitlich weiß geprägten | |
Umgebung zu leben? „Ich habe äußerlich mit den Fans mehr gemeinsam als mit | |
den Spielern auf dem Platz“, schreibt er und fügt hinzu: „Egal, wie | |
unbeirrt meine Unterstützung für dunkelhäutige Spieler*innen ist, in dieser | |
Diskussion gehe ich immerhin von der privilegierten Perspektive aus, dass | |
ich mich daran beteiligen kann oder nicht.“ Seine Hautfarbe gebe ihm die | |
Wahl, sich in den Kampf gegen Rassismus einzuschalten – deswegen nennt er | |
sich selbst privileged, privilegiert. | |
Kyle sieht sich und seine weißen Mitmenschen in der Verantwortung, und zwar | |
nicht nur für sich selbst: „Unsere Passivität kann toxisches Verhalten | |
begünstigen. Wir müssen uns alle angesprochen fühlen.“ | |
Darüber hat Kyle Korver auch eine Talkrunde mit drei Mitspielern | |
bestritten, neben dem erwähnten Thabo Sefolosha nahmen Ekpe Udoh und | |
Georges Niang daran teil. [2][Das Video davon ist ebenfalls auf The | |
Players’ Tribune zu sehen]. Interessanterweise fokussieren sich alle | |
Spieler auf die historischen Hintergründe für den Rassismus in den USA: | |
„Geschichte ist der Schlüssel“, sagt Udoh und erklärt: „Es ist immer | |
dasselbe System, das dunkelhäutige Leute zurückhält.“ | |
## Salute, my brother | |
Das ist genau das System der Privilegierten. „Doch wenn du ein | |
Privilegierter bist, siehst du den Vorteil nicht, du siehst selbst nicht, | |
wie privilegiert du bist“, bemerkt Korver. Das Leben ist für niemanden | |
leicht, sagt er, weder für Weiße noch für Schwarze. Trauer, Geldsorgen, | |
Krankheiten betreffen alle. Auf die gleiche Weise. Aber dunkelhäutige | |
Menschen müssen zusätzlich dieses „und“ bewältigen: Trauer und | |
Polizeibrutalität, Probleme und jene Schwierigkeiten, die weiße Leute nur | |
selten und ungern sehen. | |
Die Stellungnahme von Kyle Korver hat für positive Reaktionen in der | |
NBA-Welt gesorgt: „Salute, my brother“, twitterte Lakers-Star LeBron James. | |
„Das bedeutet viel. Ich hoffe, dass die Leute einfach ihre Ohren öffnen und | |
zuhören.“ In der Tat wissen Privilegierte oft nichts von Rassismus – das | |
befreit sie jedoch nicht von der Verantwortung. | |
17 Apr 2019 | |
## LINKS | |
[1] https://www.theplayerstribune.com/en-us/articles/kyle-korver-utah-jazz-nba | |
[2] https://www.theplayerstribune.com/en-us/videos/utah-jazz-racism-nba | |
## AUTOREN | |
Valeria Meta | |
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