# taz.de -- das portrait: Esther Yen ist fasziniert von blauen Flecken | |
Bild: Sammelt Punkte für die Harbor Girls: Esther Yen Foto: Thomas Rost | |
Wenn Esther Yen mit Rollschuhen auf der ovalen Bahn steht, wird sie zu | |
„Chinkilla“. „Weil ich wie ein wildes Nagetier durch die Gegend wusel“, | |
sagt die 26-Jährige und lacht. Im Vollkontaktsport Roller Derby gehören | |
solche selbst erdachten Namen mit trashiger Note dazu, sie stehen für die | |
Alter Egos der Spielerinnen. | |
Esther steht nicht gern im Mittelpunkt. Doch während des Spiels fällt sie | |
auf: Im B-Team der Harbor Girls ist sie die Jammerin, und damit die | |
Einzige, die Punkte sammeln kann. Dafür muss sie auf dem Track, wie die | |
Bahn im Roller Derby genannt wird, möglichst viele gegnerische Spielerinnen | |
überholen. Die wollen das natürlich verhindern, es wird gedrängelt, | |
geschubst, geblockt – Stürze und Prellungen gehören dazu. Mit ihren 1,52 | |
Metern Körpergröße ist Esther zwar flink und wendig, dafür bekommt sie | |
öfter mal einen Ellenbogen ins Gesicht. „Man muss eine gewisse Faszination | |
für blaue Flecken mitbringen“, sagt Esther, die auf „Arnica-Salbe“ und | |
„Beinwohl“ schwört. | |
Seit 2016 spielt sie bei den Harbor Girls, damals suchte sie einen | |
sportlichen Ausgleich zum Uni-Leben. Esther studiert Geschichte im Master. | |
Doch warum gerade dieser Sport, der von außen wie ein chaotisches Gerangel | |
wirkt, aber auf einem komplexen Regelwerk basiert? Esther sagt: „Es gefällt | |
mir, dass im Roller Derby jede so sein kann, wie sie ist. Jede Spielerin | |
hat ihre Stärken, die sie einbringen kann.“ | |
Roller Derby zieht noch immer vor allem Frauen an, verstaubte | |
Geschlechterbilder haben keinen Platz. Esther gefällt das Gefühl, einen | |
„safe space“ als Frau zu haben. Was nerve, sei das Klischee der „Mädchen… | |
knappen Shorts und Netzstrumpfhosen“. Einerseits betonten Medien das | |
feministische Selbstverständnis der Spielerinnen, auf der anderen Seite | |
würden sie sexualisiert. „Wir wollen als Sportlerinnen wahrgenommen. | |
Inzwischen lehnen wir Anfragen ab, die darauf abzielen, uns als „toughe | |
sexy Girls“ darzustellen.“ | |
Acht Stunden pro Woche trainiert Esther, auch mal mehr. Trotz Herzrasen vor | |
jedem Spiel sagt sie: „Es gibt ehrgeizigere Spielerinnen als mich.“ Sie | |
will einfach nur Spaß am Spielen haben – ohne die Angst zu versagen. | |
„Leistungsdruck ist nicht so meins.“Annika Lasarzik | |
15 Apr 2019 | |
## AUTOREN | |
Annika Lasarzik | |
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