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# taz.de -- Basisarbeit der Kunstgeschichte
> Manchen Skulpturen geht es gut, andere sind mit Moos bewachsen. Ein
> Potsdamer Verein arbeitet am Werkverzeichnis des Bildhauers Werner
> Stötzer und bietet Hilfe bei der Erfassung von Nachlässen an
Bild: Werner Stötzer, Reliefwand „Alte Welt“ für das Marx-Engels-Forum in…
Von Inga Dreyer
Wenn Menschen sterben, stellt sich die Frage nach ihrem Erbe – das ist auch
bei Künstlerinnen und Künstlern so. Wohin mit den Skulpturen, Aquarellen,
Zeichnungen? Was ist, wenn die Erbinnen und Erben keinen Platz oder keine
Zeit haben? Wer kümmert sich um die Werke, wer stellt sie aus, wer verkauft
sie? Ein erster Schritt zur Bewahrung ist, die Arbeiten zu dokumentieren.
Dabei unterstützt der Verein Private Künstlernachlässe im Land Brandenburg
regionale Künstlerinnen und Künstler. Derzeit arbeitet er an einem
Großprojekt: dem digitalen Werkverzeichnis der Skulpturen von Werner
Stötzer (1931–2010). Der Bildhauer und Zeichner lebte im Oderbruch, wirkte
aber über Berlin-Brandenburg hinaus. In seinen künstlerischen
Aufbruchsjahren im Osten habe er begonnen, sich an der Doktrin des
sozialistischen Realismus zu reiben, berichtet Werner Heegewaldt,
Archivdirektor der Akademie der Künste, wo das Projekt des
Werkverzeichnisses kürzlich vorgestellt wurde. Stötzer war seit 1978
ordentliches Mitglied der Akademie der Künste in der DDR und in der
turbulenten Zeit von 1990 bis 1992 deren Vizepräsident.
Stötzer hatte es im Osten schwer, der Durchbruch kam erst 1977 mit einer
Personalausstellung. Zu seinen Arbeiten gehört das 1986 fertiggestellte
Marmorrelief „Alte Welt“ am Marx-Engels-Forum in Berlin. Seine letzte große
Arbeit im öffentlichen Raum ist die 2003 entstandene Pietà für die Diözese
Würzburg.
„Anders als andere Kollegen hatte er recht früh Ausstellungen außerhalb des
Landes“, erzählt Astrid Volpert. Die Kulturwissenschaftlerin verfasst das
Werkverzeichnis gemeinsam mit der Kunsthistorikerin und Fotografin Inge
Zimmermann und der Journalistin Barb Kirkamm. Dafür machen die drei Steine
und Güsse ausfindig, beschreiben und klassifizieren sie. Sie kontaktieren
Museen, Galerien und Privatsammler. Einige Sammler seien offen, andere
möchten anonym bleiben, erzählt Astrid Volpert. „Das müssen wir
akzeptieren.“
## Wärme und Wertschätzung
Die drei verbringen viel Zeit mit E-Mails und am Telefon, machen sich aber
teilweise auch vor Ort ein Bild. Manchen Skulpturen geht es gut, andere
wurden mit Farbe besprüht oder sind mit Moos bewachsen. Eine Erfurter
Skulptur ist seit Jahren verschollen. Fotos und Informationen speisen die
Verfasserinnen in die Datenbank des Vereins ein. Wie in einer virtuellen
Galerie können sich Besucherinnen und Besucher der Website
(https://private-kuenstlernachlaesse-brandenburg.de/) später durch Stötzers
Arbeiten klicken.
Doch bis dahin ist noch viel zu tun. Da sich der Bildhauer vor allem für
die Umsetzung seiner künstlerischen Visionen und nicht für deren
Dokumentation interessierte, sei anfangs unklar gewesen, wie groß das Werk
des Bildhauers sei, erklärt Astrid Volpert. Während der Recherchen wuchs
die bekannte Zahl der Skulpturen auf 600. Dafür braucht es mehr Zeit und
Geld, als der Verein eingeplant hat. Selbst bei einem überregional
bekannten Künstler wie Stötzer sei es schwierig, Fördermittel für so ein
Projekt zu bekommen, berichtet Liane Burkhardt vom Verein Private
Künstlernachlässe.
Nach zwei vergeblichen Anläufen konnten für 2018 schließlich 22.300 Euro
akquiriert werden, bereitgestellt vom Brandenburger Kulturministerium, der
Staatskanzlei, der Stiftung Kulturwerk VG Bild-Kunst und aus Eigenmitteln
der Witwe und Nachlasshalterin Stötzers, der Bildhauerin und Zeichnerin
Sylvia Hagen. Für 2019 versucht der Verein weitere Gelder aufzutreiben –
zumindest für Fahrt- und Sachkosten.
Denn die drei Verfasserinnen haben erklärt, ehrenamtlich weiterarbeiten zu
wollen. Nicht nur das Werk, auch der Mensch dahinter begegnet ihnen bei der
Spurensuche. Wenn sie am Telefon Stötzers Namen nenne, kämen am anderen
Ende der Leitung Erinnerungen hoch, erzählt Astrid Volpert. „Da ist eine
unheimliche Wärme und Wertschätzung zu spüren.“ Was der Künstler selbst v…
der Sisyphusarbeit gehalten hätte? „Er hätte sicherlich mit einem Lächeln
gesagt: Macht nicht so einen Rummel um die Sache“, sagt Volpert und lacht
selbst.
Der Verein Private Künstlernachlässe will durchaus weiter Rummel um das
kulturelle Erbe der Region machen. Kunsthistorikerin Liane Burkhardt und
Kulturarbeiter Thomas Kumlehn unterstützen mit ihrem Pilotprojekt
„Mobiler-Nachlass-Service“ Kunstschaffende und deren Nachlasshalter und
-halterinnen dabei, selbst die Daten für Werkverzeichnisse zu erfassen.
So können die Arbeiten zumindest in digitaler Form zugänglich gemacht
werden. Damit Kunst jedoch nicht auf Dachböden und in muffigen Kellern
verstaubt, setzt sich der Verein für ein Kernbestandsdepot ein, in dem die
wichtigsten Werke bewahrt werden können.
14 Mar 2019
## AUTOREN
Inga Dreyer
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