# taz.de -- heute in hamburg: „Meine Eltern waren meine ersten Schüler“ | |
Interview Jana Eggemann | |
taz: Herr Chelminiak, Sie sagen: „Language is Empowerment“ – was bedeutet | |
das? | |
Daniel Chelminiak: Es ist Empowerment zu wissen, was die Leute über einen | |
sagen. Eine Fremdsprache zu können, bedeutet aber auch, dass man seine | |
eigene Stimme erheben und sich Gehör verschaffen kann. Das verleiht einem | |
auch eine gewisse Glaubwürdigkeit und macht einen schlagfertig. | |
Sprechen Sie aus Erfahrung? | |
Ich bin mit zehn Jahren mit meinen Eltern von Polen nach Deutschland | |
gekommen. Meine Eltern waren quasi meine ersten Schüler, weil sie mich und | |
meinen Bruder aufgefordert haben, zuhause Deutsch zu sprechen. Gleichzeitig | |
Deutsch zu reden und ins Polnische zu übersetzen – das hat mich sehr | |
geschult. | |
Was ist wichtig beim Lernen von Sprachen? | |
Ich habe eine bestimmte Sichtweise, wie man Sprache beibringen kann. Es | |
gibt verschiedene Lerntypen: Die, die Sprache auditiv aufnehmen, und die, | |
die eher visuell lernen. Ich selbst habe viel über Imitation gelernt. Es | |
geht einerseits darum, genau zuzuhören, aber andererseits auch zu sehen, | |
wie sich Leute verschiedener Kulturen gebärden. Es ist effektiver, wenn man | |
kulturell bereits imitiert, bevor man flüssig Deutsch spricht. Damit zeigt | |
man, dass man Interesse an der Kultur hat. | |
Was macht der „Deutsch mich voll“-Kurs anders als andere Sprachkurse? | |
Bei Integrationskursen steckt häufig sehr viel Druck dahinter und es steht | |
viel auf dem Spiel – das soll bei unserem Kurs im Migrantpolitan auf | |
Kampnagel nicht so sein. Wir verstehen uns als eine Begegnungsstätte mit | |
Wohnzimmercharakter. | |
Was heißt das konkret? | |
Man darf auch mal abgelenkt sein. Vom Stoff her schaffen wir vielleicht | |
einen Ticken weniger als im Integrationskurs, aber dafür sind wir | |
nachhaltiger, weil wir wirklich persönlich mit den Teilnehmer*innen | |
arbeiten. Die meisten, die Deutsch vorher nicht mochten, hatten schlechte | |
Erfahrungen gemacht, weil sie Schwierigkeiten mit den Behörden hatten oder | |
im Alltag auf Beleidigung und Missverständnisse gestoßen sind. Denen hilft | |
es oft zu hören, dass ich selbst kein Muttersprachler bin. | |
Und wer kommt zu Ihren Kursen? | |
Das sind hauptsächlich Migranten und Geflüchtete aus dem arabischen und dem | |
afrikanischen Raum, aber auch aus europäischen Ländern. Es ist gemischt, | |
dadurch entstehen keine einzelnen Gruppen und man kann sich wirklich auf | |
das Deutschlernen konzentrieren. | |
12 Mar 2019 | |
## AUTOREN | |
Jana Eggemann | |
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