# taz.de -- Kolumne Der Zuckerberg | Teil 24: Warum likt ihr das? Erklärt euch! | |
> Das Anpissen nach dem Motto „Wer das likt, ist doof“ legt die Diagnose | |
> „Akute Schlechtgeficktheit“ nahe. Das muss nicht unbedingt ein Makel | |
> sein. | |
Bild: Mittels Tagging werden Leute zur Rede gestellt, nur weil sie einen Kommen… | |
Facebook. Ein alter Hut, doch mit vielen bunten Federn. Angesichts der | |
versammelten Pracht von Vollmeise, Schluckspecht, Trollvogel sowie | |
praktisch sämtlichen Kauzarten soll diese Serie für den nötigen Durchblick | |
sorgen. | |
Schon wieder werde ich ungewollt Zeuge eines der bizarrsten Trends im | |
bunten Affenzirkus Facebook: Mittels Tagging werden Leute öffentlich zur | |
Rede gestellt, nur weil sie einen Kommentar gelikt haben, der den eigenen | |
Ausgangspost in irgendeiner Form kritisiert. Doch die Verräter haben die | |
Rechnung ohne den Spaltenwart gemacht: Warum likt ihr das? Ihr zwei! | |
Erklärt euch! Mit einer Schafsgeduld legen die Zurechtgewiesenen vorm | |
virtuellen Lehrerpult Rechenschaft über ihr Tun ab. Das könnten sie sich | |
auch sparen, denn an ihrer Meinung ist man gar nicht interessiert. | |
Symptome wie das Anpissen über Bande nach dem Motto „Wer das likt, ist | |
doof“ legen die Diagnose „Akute Schlechtgeficktheit“ nahe. Das muss nicht | |
unbedingt ein Makel sein. Einige meiner besten Freunde sind schlechtgefickt | |
und begreifen das sogar als Chance. Sie zeigen mit ihrem Beispiel, dass man | |
Schlechtgeficktheit mit Würde tragen kann, das ging ja früher auch. Dann aß | |
man halt mehr, denn eine Befriedigung ist im Grunde wie die andere. So | |
behielt man seine Unabhängigkeit und stempelte sich nicht zum | |
bedauernswerten Opfer. [1][Doch auf einmal wollen alle Schlechtgefickten | |
Incels sein,] als wäre das was Besseres – die klassische Falle des | |
Fremdworts. | |
[2][Rassismus gegen Weiße,] Sexismus gegen Männer und Tierquälerei gegen | |
Menschen sind für sie die Probleme unserer Zeit. Dass wir uns in diesem | |
reichen Land zum Teil weder Wohnung noch Zähne leisten können – scheißegal, | |
die Verteiler des Wohlstands werden sich schon was dabei gedacht haben, die | |
sehen schließlich aus wie wir: Gottes Ebenbild mit Tränen-, Bauch- und | |
Hodensäckchen. | |
## Eine bessere Welt | |
Gewiss schilt man mich nun wieder des Whataboutisms. So nennt man das in | |
diesen präapokalyptischen Zeiten, da Hochgeschwindigkeitszüge durch in den | |
Thüringer Wald gesprengte Tunnel katapultiert werden; viel zu schnell, als | |
dass die Seele dem Reisenden noch folgen kann. Klar, könnte man statt | |
Whataboutism weiterhin „reines Ablenkungsmanöver“ oder „Äpfel mit Birnen | |
vergleichen“ sagen. Nur würde das dann eben nicht mehr wie ein Songtitel | |
von Rod Stewart klingen, und darum geht es schließlich in einer besseren | |
Welt, in der Ungebildete ohne Kenntnisse in Kirchenbulgarisch auf ihre | |
Plätze verwiesen werden. | |
Whataboutism geht jedenfalls gar nicht, das ist ganz evil: So wäre es die | |
Mutter aller Whataboutismen, auf einen völlig dämlichen Beitrag hin zu | |
antworten: „Bist du bescheuert?“ Denn das ist eine unzulässige Gegenfrage, | |
die nur ablenken soll, indem sie nicht auf das Argument der anderen | |
eingeht. Korrekt wäre hier vielmehr: „Das ist ein völlig dämlicher | |
Beitrag!“ Sachbezogen, analytisch und hart am Wind. | |
25 Feb 2019 | |
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## AUTOREN | |
Uli Hannemann | |
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