# taz.de -- taz đŸ thema: âBio allein ist noch kein Argumentâ | |
> Die AnbauflĂ€chen fĂŒr Weine aus ökologischem Anbau haben sich weltweit | |
> vervielfacht. Auch die QualitÀt der Produkte hat sich massiv gesteigert: | |
> Unter den deutschen Spitzenlagen sind immer mehr Bioweine. Nun kommen | |
> vegane und histaminarme Weine hinzu | |
Von Michael Pöppl | |
FrĂŒher war nicht alles besser. Mit zusammengekniffenen Lippen erinnert man | |
sich an erste Bioweinverkostungen, so mancher saure und | |
gewöhnungsbedĂŒrftige Tropfen war damals darunter, auch das | |
Preis-Leistungs-VerhÀltnis stimmte oft nicht. Richtig gute Bioweine, auch | |
die gab es, waren lange Zeit schwer zu bekommen, oft wurden sie nur vor Ort | |
in HoflÀden oder direkt beim Winzer verkauft. | |
Heute findet man immer mehr ökologisch hergestellte Weine im Handel, neben | |
den klassischen WeinlÀden und den BiosupermÀrkten sind es vor allem auch | |
Ketten wie Rewe und Edeka sowie die Discounter, die ihr Bioangebot auch | |
beim Wein enorm ausgeweitet haben. Dass die Discounter auch in diesem | |
Segment nachgezogen haben, sei ein Zeichen, dass Bio auch bei Menschen mit | |
weniger Einkommen angekommen sei, sagt Ralph Dejas, GeschĂ€ftsfĂŒhrer des | |
Bundesverbands Ecovin. Böse Ăberraschungen wie einst muss man auch bei | |
preiswerteren Bioweinen kaum fĂŒrchten. âDie QualitĂ€t ist in den vergangenen | |
Jahren enorm gestiegen, heutige Bioweine sind runder und harmonischer als | |
viele der konventionellen, das schmeckt man eben auch. Am Ende ist es vor | |
allem der Geschmack im Glas, der zĂ€hltâ, davon ist Dejas ĂŒberzeugt. Er | |
weiĂ: âBio allein ist fĂŒr Weintrinker noch kein Argument.â | |
Auch im preislich oberen Segment sind die Weine aus ökologischem Anbau | |
lÀngst angekommen. Unter den 195 Mitgliedsbetrieben des Verbands der | |
PrĂ€dikatsweingĂŒter (VDP), sozusagen der Ersten Liga des Weinbaus, findet | |
man 38 Biobetriebe, das sind knapp 20 Prozent. Verglichen mit dem Anteil | |
der biologisch bewirtschafteten FlÀchen von rund 8,5 Prozent an der | |
Weinbau-GesamtflÀche in Deutschland (102.000 Hektar) ist das schon ein | |
erstaunlicher Schnitt. Zu den VDP-Winzern, die ökologischen Anbau | |
betreiben, zĂ€hlen heute auch TraditionsweingĂŒter wie Reichsrat von Buhl, | |
Dr. BĂŒrklin-Wolf oder MĂŒller-Catoir, die in den einschlĂ€gigen WeinfĂŒhrern | |
regelmĂ€Ăig unter den Top Ten landen. | |
## Geschmack zahlt sich aus | |
Ăber 10 Milliarden Euro Umsatz machten Bioprodukte 2017 in Deutschland, | |
Tendenz steigend. Dieses Wachstum gilt auch beim Wein. Die Nachfrage nach | |
Bioweinen ist weltweit massiv gestiegen, der Wechsel auf biologischen Anbau | |
ist fĂŒr die Winzer auch aus wirtschaftlichen GrĂŒnden interessant. Den | |
handwerklichen Mehraufwand im Weinberg und die sorgfÀltigere und oft lÀnger | |
dauernde Reifung im Keller verursachen zwar mehr Kosten, doch die | |
Verbraucher wissen das und sind bereit, fĂŒr biologisch erzeugte Weine auch | |
mehr auszugeben. Eine Marktstudie im Auftrag des französischen Ăkoverbands | |
SudVinoBio untersuchte das Kaufverhalten europĂ€ischer Weinfreunde: â2017 | |
lag der Preis, der im Durchschnitt fĂŒr eine Flasche konventionell erzeugten | |
Weines in Deutschland bezahlt wurde, bei 3,23 Euro. Der Durchschnittspreis | |
fĂŒr Biowein liegt mit 5,31 Euro deutlich höher.â | |
Allein in Spanien sind die ökologischen AnbauflĂ€chen fĂŒr Wein zwischen 2007 | |
und 2012 ums FĂŒnffache gewachsen, in Frankreich immerhin ums dreifache. | |
Weltweit wurde 2016 auf einer FlÀche von rund 336.000 Hektar ökologischer | |
Wein angebaut, 2014 waren es noch 311.000 Hektar und zwölf Jahre zuvor, | |
2004, waren es knapp 87.000 Hektar, so Ralph Dejas. Doch eine Wachstumszahl | |
sei besonders beeindruckend: Die staatlichen schwedischen | |
Systembolaget-LÀden, in denen allein GetrÀnke mit mehr als 3,5 Prozent | |
Alkoholgehalt verkauft werden dĂŒrfen, haben ihren Handel mit Bioweinen von | |
1,4 Millionen Litern im Jahr 2006 auf 32,9 Millionen Liter im Jahr 2015 | |
gesteigert. | |
Auch auf der Biofach 2019 werden die Weine eine spannende Rolle spielen: | |
Der Biowein-Award âMundus Viniâ wird die Sieger der diesjĂ€hrigen | |
Blindverkostung verkĂŒnden, rund 60 Experten haben sich bereits im Dezember | |
daran beteiligt. Der Bereich Erlebniswelt Wein erwartet wieder ĂŒber 40 | |
Weinbauern aus aller Welt, die sich den HĂ€ndlern und Kollegen mit ihren | |
guten Tropfen prÀsentieren, dazu kommen noch die Winzer, die an ihren | |
LandesverbandsstÀnden prÀsent sind. Mit seinen Weinen vor Ort ist auch | |
Winzer Stefan Kuntz aus dem pfÀlzischen Mörzheim bei Landau. Er ist ein | |
erfahrener Biowinzer, bereits 1989 hat er begonnen, den alteingesessenen | |
Familienbetrieb auf ökologischen Anbau umzustellen. Die GrĂŒnde waren sehr | |
persönlich: Neben Hautproblemen nach dem Spritzen kam bei ihm ein gesundes | |
Misstrauen gegen die VerkĂ€ufer von Pflanzenschutzmitteln dazu: âIrgendwie | |
haben die einem immer das Blaue vom Himmel versprochen, wenn man das oder | |
das Zeug benutzt. Mich machte das skeptisch.â | |
Seit Jahren berÀt Kuntz auch andere Weinbauern bei der Umstellung auf | |
biologische Produktion. Klar habe man viel mehr Arbeit als Biowinzer: âAber | |
dafĂŒr kennt man seine Weinberge und Reben besser und umsorgt sie mehr, das | |
ist doch der Sinn unseres Berufs.â Er ist fest davon ĂŒberzeugt, dass der | |
ökologische Weinbau in zwanzig Jahren âdas ganz Normaleâ sei. | |
Seine Weine verkauft er gröĂtenteils direkt, der Draht zu den Kunden ist | |
ihm enorm wichtig, deshalb reagiert er auch auf ihre BedĂŒrfnisse. Alle | |
seine Weine sind schon lange vegan, weil er bewusst keine tierischen | |
Schönungsmittel verwendet. Inzwischen produziert Stefan Kuntz sogar einige | |
histaminarme Weine, bei denen das Lesegut sehr schnell verarbeitet wird, | |
damit keine FĂ€ulnisprozesse entstehen. | |
www.weingutkuntz.de | |
www.ecovin.de | |
13 Feb 2019 | |
## AUTOREN | |
Michael Pöppl | |
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