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# taz.de -- heute in hamburg: „Viele Anwälte raten von einer Anzeige ab“
Interview Marinus Reuter
taz: Frau Abdul-Rahman, Sie haben vor vier Wochen die Befragungen für eine
Studie zu unverhältnismäßiger Polizeigewalt abgeschlossen. Wie sind Sie
vorgegangen?
Laila Abdul-Rahman: Wir meinen, normale Bürger*innen können durchaus
entscheiden, ob Dinge verhältnismäßig sind oder nicht. Deswegen ist unser
Ansatz die erste quantitative Studie zu unverhältnismäßiger Polizeigewalt
aus Opferperspektive in Deutschland.
Bei Körperverletzung im Amt kommt es zu zehn Mal weniger Verurteilungen als
bei anderen Straftaten. Warum?
Die wenigsten Fälle werden überhaupt zur Anzeige gebracht. Gleichzeitig ist
die große Diskrepanz zwischen den Anklagequoten auffällig. Das war auch ein
ausschlaggebender Punkt für unsere Studie.
Woran könnte das liegen?
Wenn Körperverletzung im Amt überhaupt zur Anzeige gebracht wird, werden
die allermeisten Fälle eingestellt. Das zeigt sich in unseren Daten.
Andererseits geben uns die Befragten auch Gründe an, weshalb sie von einer
Anzeige absehen. Sie sagen dann zum Beispiel, sie haben gar keine
Beschwerdemacht, ihnen wird nicht geglaubt. Sogar viele Rechtsanwältinnen
und Rechtsanwälte raten davon ab, eine Anzeige zu erstatten. Und Betroffene
haben in fast allen Fällen nach einer Anzeige mit einem gegenläufigen
Verfahren wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu rechnen.
Die Studie untersucht auch Unterschiede im Verhalten verschiedener
Personengruppen. Was zeichnet sich da ab?
Wir können zum jetzigen Zeitpunkt noch keine endgültigen Ergebnisse
herausgeben. Aber die Betroffenen müssen zur Polizei gehen, um Anzeige zu
erstatten. Je höher der Organisierungsgrad, desto höher ist auch die
Wahrscheinlichkeit für eine Anzeige. Zum Beispiel im Fußball sind die
Menschen ganz gut organisiert untereinander, zum Beispiel in Fanprojekten.
Es gibt sogenannte Fananwälte, die sich bestimmter Fälle annehmen. Im Jahr
2017 haben zwei Fußballfans vor dem Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte erfolgreich geklagt. Schwieriger wird es für Menschen, die
nicht so gut organisiert sind, die keine finanziellen Mittel haben oder für
bestimmte marginalisierte Gruppen wie Geflüchtete, drogennutzende Personen
und wohnungslose Personen. Und das sind natürlich auch die Personengruppen,
die für uns schwer erreichbar sind.
20 Feb 2019
## AUTOREN
Marinus Reuter
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