# taz.de -- Kleine Figuren, große Geschichten | |
> Die Ausstellung „Berlin der kleinen Leute“ ist ein museumspädagogisches | |
> Projekt des Mitte Museums in Kooperation mit SchülerInnen. An | |
> historischen Orten setzten sie kleine Figuren in Szene. Die Fotos sind | |
> noch bis zum 29. März 2019 im Rathaus Tiergarten zu sehen | |
Bild: Szene am Postfuhramt an der Oranienburger Straße | |
Von Jim Mülder | |
Berlins Stadtbild ist geprägt von Historie, ob in Form von Gebäuden, | |
Plätzen oder Denkmälern. Doch in der Hektik der Großstadt geraten oft | |
besonders die Orte in den Hintergrund, die diese Schnelllebigkeit | |
überdauert haben. Ein Schülerprojekt des Mitte Museums wollte genau das | |
ändern. In Kooperation mit drei Oberschulen des Bezirks sollte bei den | |
teilnehmenden Schülern ein Bewusstsein für ihre geschichtsträchtige | |
Umgebung geschaffen werden. Es rückte dabei zwei Zentimeter kleine Figuren | |
in den Fokus. 30 Fotos entstanden so im Rahmen des Projekts „Berlin der | |
kleinen Leute“, die noch bis zum 29. März 2019 im Rathaus Tiergarten zu | |
sehen sind. | |
Angeregt durch die historische Vergangenheit verschiedenster Parkanlagen, | |
Gebäude und Plätze im Bezirk Mitte, setzten die Schüler der achten bis | |
zwölften Klasser Miniaturmenschen in Szene, passend zu dem von ihnen | |
ausgewählten Ort. Dazu recherchierten sie im Archiv des Museums, im | |
Internet oder in Bibliotheken. „So lernten die Schüler den Lebensalltag | |
rund um den jeweiligen Ort kennen“, erklärt Kurator Oliver Goldacker der | |
taz. | |
Im Anschluss an die Recherche schrieben die Teilnehmenden eigene, auf die | |
Örtlichkeit bezogene Kurzgeschichten und fertigten Zeichnungen an. Im Laufe | |
dieses Arbeitsschrittes entwickelten sie erste Ideen zu ihrer Inszenierung | |
der Figuren. Abschließend fotografierten die Schüler ihre Szenen und | |
spielten dabei gekonnt mit der Perspektive sowie mit Schärfe und Unschärfe. | |
Trotz dieser aufwendigen Arbeit seien alle immer „sehr motiviert“ gewesen, | |
berichtet Goldacker. Da etwa zum Beispiel das Wetter oder das Licht nicht | |
immer gepasst habe, seien die Teilnehmer bis zu viermal am jeweiligen Ort | |
gewesen, um das „perfekte Foto zu schießen“, wie er der taz erzählt. | |
Für Ortskundige dürfte es nicht nur interessant sein, herauszufinden, wo | |
genau ein Motiv aufgenommen wurde, sondern auch, welche Geschichte sich | |
dahinter verbirgt. So erinnert zum Beispiel ein vor den Uferhallen | |
fotografierter Modellbus an den früheren Omnibushof, der bis 1961 ein | |
Straßenbahnbetriebshof der BVG war. Aber schon 1873 befand sich an dieser | |
Stelle ein Betriebshof der ersten Pferdebahnlinie, und ab 1895 verkehrte | |
von dort in Richtung Pankow die erste elektrische Straßenbahn Berlins. | |
Die Idee, Miniaturfiguren so in Szen zu setzen, dass sich die erfundenen | |
Geschichten mit der realen Welt verbinden, geht zurück auf den Londoner | |
Künstler „Slinkachu“. Seine Little People, die er bereits seit 2006 auf | |
den Straßen Londons positioniert, zeigt er vor allem in seinem Internetblog | |
und in den sozialen Medien. „Da seine Fotos immer sehr ironisch und | |
spielerisch sind“, wie Kurator Oliver Goldacker meint, „ist „Slinkachu“ | |
ein guter Aufhänger für das Projekt gewesen.“ | |
Diese „andere Herangehensweise an Geschichte“, wie es Goldacker nennt, kam | |
bei den Schülern gut an. Reyhan Güven hat sich etwa mit der Marienkirche | |
befasst. Er erzählt, dass er nach tiefgründiger Recherche einen viel | |
präziseren Blick auf die Kirche bekommen habe. Auch das Ziel, die | |
Wahrnehmung der Schüler für die historische Stadt Berlin zu schärfen, | |
scheint erreicht. Zwölftklässlerin Kübra Bayram meint: „Ich muss zugeben, | |
dass mir das Projekt sehr viel Spaß gemacht hat und ich daraus auch einiges | |
für mein Leben mitnehmen konnte. Zum Beispiel, dass wir vieles im Leben | |
verpassen, wenn wir nicht wirklich auf unsere Umgebung achten.“ | |
Die Ausstellung „Berlin der kleinen Leute“ ist im Rathaus Tiergarten bis | |
29. März 2019 zu sehen. Mathilde-Jacob-Platz 1, 10551 Moabit, Montag bis | |
Freitag 10–17 Uhr. Eintritt frei. | |
18 Feb 2019 | |
## AUTOREN | |
Jim Mülder | |
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