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# taz.de -- Oper am Breitscheidplatz: Schiefes kleines Häuschen
> Die Gruppe Novoflot nimmt ihre Produktion „Die Bibel“ wieder auf und baut
> für diese musiktheatrale Installation eine Kirche auf.
Bild: Das Novoflot-Modell Kirche, aus dem Boden kommend, darin versinkend? Muss…
Wenn dann die Berlinale gerade ihre Pforten geschlossen hat und auch vor
dem Zoopalast der Teppich wieder eingerollt ist, beginnt gleich gegenüber
auf dem Breitscheidplatz schon das nächste, wenngleich etwas kleinere
Kulturspektakel.
Zum kriegsversehrten Turm der Gedächtniskirche gesellt sich, eine Etage
tiefer, in der nächsten Woche eine schiffbrüchige kleine Kirche, deren
reichlich prekäre Schieflage anzudeuten scheint, dass sie im Begriff ist,
in der Erde zu versinken.
Das eigentümliche Bauwerk mag dem einen oder der anderen bekannt vorkommen,
denn es stand schon einmal in Berlin. 2017 war es auf dem
Rosa-Luxemburg-Platz vor der Volksbühne in Erscheinung getreten, damals
pünktlich zum Lutherjahr errichtet von der Gruppe Novoflot, die sich in der
Stadt einen Namen gemacht hat mit ambitionierten Opernproduktionen weitab
vom üblichen Repertoirebetrieb. „Die Bibel (in der Übersetzung von
Novoflot). #1: Der Schrei“ heißt in etwas sperriger Diktion die
musiktheatrale Installation, deren Wiederaufnahme nun am Breitscheidplatz
ansteht.
Sie ist ein Teilevent des ursprünglich drei Produktionen umfassenden
Gesamtkonzepts „Die Bibel“. „#1: Der Schrei“ ist dabei sowohl Event als
auch Installation. Drinnen in dem versinkenden Kirchlein werden
MusikerInnen das Publikum erwarten, die Worte der Bibel werden frei
übersetzt zerpflückt werden, neue Götter (vielleicht auch Göttinnen?)
werden der Menschheit in Aussicht gestellt. Der Komponist Michael
Wertmüller sowie der Regisseur Sven Holm zeichnen für das Gesamtkonzept
verantwortlich.
## Profiliert im Geschäft
Novoflot ist nur eine von zahlreichen freien Gruppen, die in der Hauptstadt
Musiktheater machen, und dabei eine der profilierteren und schon jahrelang
im Geschäft. Dass es gerade die Freischaffenden sind, die für das
Musiktheater neue städtische Räume erschließen und dabei neue Formate
erfinden, ist sicherlich kein Zufall. Das stete Ringen um Subventionen
ist mühsam, aber andererseits auch ein Motor für Kreativität und
Innovation.
Die Bandbreite ist dabei riesig: Auch große, publicityträchtige
Produktionen wie die des Christoph Hagel, der etwa in der Neuen
Nationalgalerie Bach mit Breakdance zusammenbrachte und den Dom mit einer
bühnendramatischen Version der Johannespassion füllte, gehören schließlich
mit in die Kategorie freies Musiktheater. Auf der anderen Seite stehen
Gruppen, die sich musikalisch eher dem Experimentellen verschrieben haben
und damit bewusst eine exklusive kleine Nische im Markt besetzen. Auch
diese Nische hat mit dem [1][BAM!-Festival], das vergangenen Herbst
erstmals stattfand, mittlerweile einen größeren gemeinsamen Auftritt.
Bei allen Unterschieden ist beinahe allen freien Musiktheaterproduktionen
aber doch gemein, dass sie sich ihre Auftrittsräume stets neu suchen müssen
– falls man nicht das Glück hat, zum Beispiel regelmäßig in den
Sophiensaelen auftreten zu können, die für kleinere opernverwandte Formate
offen zu sein pflegen.
## Mit Kultur neu definiert
Wenn dann bei dieser Suche nach neuen Räumen jemand versprechen kann, den
städtischen Raum in besonderer Weise mit etwas Kultur neu zu definieren und
damit aufzuwerten, ist das bei der Verteilung von Subventionen bestimmt
hilfreich. Zumindest schadet es sicherlich nicht, auch in diese Richtung zu
denken.
In dieser Hinsicht ist „Die Bibel“. #1: Der Schrei“ das perfekte Stück
Hauptstadtkultur – und der vielfach gebeutelte Breitscheidplatz der
perfekte Ort, um die Gottes- oder Göttersuche auf ein neues Level zu
bringen.
Das Schönste dabei: Auch wer die Sache mit Gott für sich längst
abgeschlossen zu haben glaubt und im übrigen wenig Geld für Kultur übrig
hat, wird hier sehr niedrigschwellig bedient. Der Eintritt zu dieser
Bibel-Übersetzung ist nämlich frei.
17 Feb 2019
## LINKS
[1] /Festival-Empfehlung-fuer-Berlin/!5534327
## AUTOREN
Katharina Granzin
## TAGS
Schwerpunkt Anschlag auf Berliner Weihnachtsmarkt
Freie Szene
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