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# taz.de -- DasbunteLeben
> Die neue Ausstellung im Jugend Museum Schöneberg zeigt die Vielfalt der
> Lebensweisen rund um den Regenbogenkiez: „Welcome to diversCITY!“
Bild: Das bunte Leben, man darf reinhorchen
Von Jim Mülder
Ein Bild einer alltäglichen Situation in deutschen Schulen. Zu sehen sind
ein weißes und ein schwarzes Mädchen, die malend nebeneinander sitzen. Als
das weiße Mädchen fragt, ob jemand „Hautfarbe“ habe, reicht ihr ihre
Sitznachbarin, ohne aufzublicken, wie selbstverständlich einen Stift in
einem dunklen Braunton. Eine simple Zeichnung, die eine der Intentionen der
neu eröffneten Ausstellung im Schöneberger Jugend Museum eindrücklich
verbildlicht: Die Besucher einzuladen, „die eigene Perspektive auf die Welt
zu hinterfragen und gleichzeitig ein Bewusstsein für die Blickwinkel
anderer zu schaffen“, wie es Yasmina Bellounar, eine der Kuratorinnen der
Ausstellung „Welcome to diversCITY!“ ausdrückt.
Doch das ist nur ein Ziel der Schau. Denn das 2015 eingerichtete
Modellprojekt „All Included!“, das den Rahmen für die Ausstellung bildet,
widmet sich dem Thema der sexuellen Vielfalt.
In enger Kooperation mit Schöneberger Schulen sind dabei in der
Vergangenheit bereits zahlreiche Workshops, Lernwerkstätten und auch zwei
Ausstellungen durchgeführt worden. „Im Fokus stehen immer
Geschlechterrollen und Identitäten“, sagt Ellen Roters, die Projektleiterin
von „All Included!“.
So tourte ein Team des Jugend Museums schon im Sommer des Auftaktjahrs mit
einem regenbogenbunt gestreiften Bauwagen über Schöneberger Schulhöfe und
diskutierte mit Schülern der dritten bis zehnten Klasse über zahlreiche
Fragen rund um den Themenkomplex „queeres“ Leben.
Mit der aktuellen Ausstellung, der Untertitel „Queer in Schöneberg und
anderswo“ deutet darauf hin, werden nun neue Akzente gesetzt. Schöneberg
spielt nicht nur als lokaler Anknüpfungspunkt, sondern auch aufgrund seiner
Historie als „Regenbogenkiez“ eine große Rolle. Außerdem gehe es darum,
sich die Vielfalt der Stadt generell bewusst zu machen und sie
wertzuschätzen, betont Yasmina Bellounar.
## Toleranz und Offenheit
Der unaufdringliche, die Besucher zur Selbstreflexion anregende Ansatz der
Ausstellung schafft es dabei, die Werte Toleranz und Offenheit zu
vermitteln – ohne dass das Gefühl entsteht, sie würden einem aufgezwungen.
Besonders vermag das der erste Raum der in drei Bereiche aufgeteilten
Ausstellung. Schon im Eingangsbereich empfängt die Besucher ein
verzerrender Spiegel, der nicht nur zeigt, „um wen es hauptsächlich geht“,
wie es Yasmina Bellounar ausdrückt, sondern gleichzeitig „die verschiedenen
Blickwinkel auf die Welt“ verdeutlichen soll. „Der erste Raum soll einen an
das Thema heranführen“, erklärt sie. Man solle sich bewusst werden über die
eigene Perspektive auf andere und die Perspektive anderer auf einen.
Impulse liefern sollen dafür unter anderem auf dem Boden aufgeklebte
Fragen. Das Spektrum reicht dabei von „Sehen dir die Figuren in
Filmen/Serien oft ähnlich?“ bis hin zu: „Welcher Werbespruch beschreibt
dich am besten.“ Kreidetafeln laden den Besucher außerdem dazu ein, eigene
Antworten als Anregungen für die nachfolgenden Besucher zu hinterlassen.
## Fantasievolles Schöneberg
Im zweiten Raum erwartet einen das Zentrum der
„diversCITYity!“-Ausstellung: ein fantasievolles Modell Schönebergs. Rund
80 Gegenstände symbolisieren je eine „queere“ Geschichte des Bezirks. Über
zugehörige Karten hat man so die Möglichkeit, eine Menge über den
historischen und aktuellen Schöneberger „Regenbogenkiez“ zu erfahren, der
erste Bezug verweist dabei immerhin auf den Anfang des vergangenen
Jahrhunderts.
Dabei geht es um die in der Motzstraße 11 gelegene „Magnus-Apotheke“, die
nach dem Arzt und Sexualforscher Magnus Hirschfeld benannt ist. Hirschfeld
hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts die weltweit erste Homosexuellenbewegung
mit begründet und er kämpfte für die Abschaffung des Paragrafen 175, der
sexuelle Handlungen zwischen Männern unter Strafe stellte, ehe er 1933 vor
den Nazis ins Exil floh.
Wie schon im Raum davor haben die Besucher hier zudem die Möglichkeit,
etwas zu der Ausstellung beizutragen. So kann man auf ausgelegte Kärtchen
seine eigenen „queeren“ Gescheh- und Erlebnisse aus Schöneberg schreiben.
Im dritten Raum, der in Kooperation mit Studierenden der Hochschule für
Technik und Wirtschaft Berlin entwickelt wurde, steht das Mitmachen dank
der vielen interaktiven Möglichkeiten hier schließlich ganz oben auf der
Agenda. Projektleiterin Ellen Roters erklärt: „Die Besucher sind
eingeladen, Spuren zu hinterlassen.“ Denn Vielfalt, um die es ja
schließlich in der Ausstellung gehe, lebe von vielen verschiedenen
Perspektiven.
Die Studierenden suchten aber auch in anderen Berliner Museen nach
„queeren“ Exponaten und wurden unter anderem im Bode-Museum fündig: Zu
sehen ist nun in der „diversCITY!“-Schau zum Beispiel die Kopie einer
Johannesminne aus dem 14. Jahrhundert, bei der Johannes der Täufer zu sehen
ist, wie er zärtlich an der Brust von Jesus ruht.
26 Jan 2019
## AUTOREN
Jim Mülder
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