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# taz.de -- WeinprobeMichael Pöppl : Wo „Tauts Farben“ ins Glas kommen
> die verlagsseiten der taz
Die Ladenpassagen im U-Bahnhof Onkel Toms Hütte sind Bestandteil der
umliegenden Zehlendorfer Waldsiedlung der Bauhausarchitekten Bruno Taut,
Otto Rudolf Salvisberg und Hugo Häring. Das stadtplanerische Konzept der
späten zwanziger Jahre sollte eine umfassende Versorgung der neuen Bewohner
garantieren. Bis vor einigen Jahren standen viele der eher kleinen Läden
leer. Geschäftsleute und Anwohner haben die Passage nun wieder attraktiv
gemacht: Bäckerei, Blumengeschäft, Apotheke, Friseur, Elektrogeschäft,
Supermarkt sowie eine hippe Kaffeerösterei und ein netter Buchladen werden
rege frequentiert.
Seit zweieinhalb Jahren findet man in der Ladenpassage Nord auch ein
schönes Weingeschäft. Der Name „Weinreize“ deutet schon darauf hin:
Eigentlich suchten die Weinenthusiasten Nils Thamm und Achim Röhe nur einen
größeren Keller, wo sie die Schätze lagern konnten, die sie im Lauf der
Jahre auf ihren Reisen gefunden hatten. Doch ohne Laden gab es den Keller
nicht, und so beschlossen die beiden, ihr Hobby zum Halbtagsberuf zu
machen. Thamm arbeitet also weiter als Architekt, Röhe ist Chef einer
kleinen IT-Firma, von Mittwoch bis Sonnabend halten sie abwechselnd den
Laden mit U-Bahn-Anschluss offen. Die meisten Kunden kommen aus dem
Viertel, manche reisen allerdings auch extra aus umliegenden Stadtteilen
an, weil sie das Angebot der Website anlockt. Neben Winzern aus
Deutschland, Österreich, der Schweiz, Italien und Frankreich findet man
nämlich auch Flaschen aus San Marino oder Liechtenstein im Regal.
„Wir sind immer auf der Suche nach spannenden Winzern, speziellen
Anbaugebieten und ungewöhnlichen Rebsorten“, sagt Achim Röhe. „Allerdings
haben wir vor allem bezahlbare Weine im Sortiment.“ Neben ihrem Weinblog
auf der Website bieten die beiden Betreiber auch regelmäßige
Weinverkostungen zu unterschiedlichen Regionen an, die sie selbst besucht
haben. Zum ganz besonderen Sortiment gehören „Tauts Farben“, vier Weine vom
Pfälzer Winzer Wolf aus Ungstadt, deren Etiketten sich an der klaren
Farbgebung der Zehlendorfer Waldsiedlung orientieren. „Der Rote“ ist ein
Blauer Portugieser, „Der Blaue“ ein Secco, „Der Grüne“ ein halbtrocken…
Riesling und „Der Gelbe“ ein junger Chardonnay Spätlese – zugleich auch …
erste Empfehlung von Achim Röhe. Im Glas strahlt der Wein tatsächlich
strohgelb, er duftet intensiv nach exotischen Früchten wie Papaya oder
Passionsfrucht. Auf der Zunge überrascht „Der Gelbe“ mit unerwartet
frischer Säure und sonniger Frucht, dazu eine Chardonnay-untypische
Erdigkeit, die den Geschmack abrundet. Eine Entdeckung unter den
Chardonnays und schon mal ein erstes Frühlingsversprechen.
Für diejenigen, die kräftigeren önologischen Beistand in den Wintermonaten
brauchen, schenkt Niels Thamm einen 2011er Spätburgunder des Ökowinzers
Heinrich Gretzmeier aus Merdingen ein. Dessen Reben wachsen am kalkhaltigen
und lössreichen Tuniberg, dem „kleinen Bruder“ des Kaiserstuhls. Der Winzer
ist bekannt für seine Kompromisslosigkeit: Seine Weine garen bis zu drei
Monate auf der Maische, haben eine lange Reifezeit und werden erst nach
Jahren in den Verkauf gegeben, wenn Gretzmeier findet, dass sie perfekt
sind. Dunkle Beeren und ein Hauch von Leder bestimmen den Duft, die
Johannis- und Brombeeren sind auch im Mund intensiv, feine Tannine und
Minerale begleiten Frucht und Säure. Dieser sehr gelungene Spätburgunder
kann durchaus mit Rotweinen aus Südeuropa mithalten. Er passt hervorragend
zu Wild oder deftigen Schmorgerichten, man kann ihn aber gerne auch einfach
so trinken, derweil es draußen vor dem Fenster nieselt und stürmt.
Weinreize: Ladenstraße 35 im U-Bahnhof Onkel Toms Hütte, Zehlendorf, Tel.
(030) 40 74 35 76, www.weinreize.com.
Angebot für taz-Leser: Bei Abnahme von 12 Flaschen „Der Gelbe“ 2017 vom
Weingut Wolf (0,75 l, 6,50 Euro) oder von 12 Flaschen „Spätburgunder 2011
trocken“ 2011 von Heinrich Gretzmeier (0,75 l, 8,00 Euro) erhalten Sie eine
13. Flasche kostenlos dazu.
19 Jan 2019
## AUTOREN
Michael Pöppl
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