# taz.de -- „Tatort“ aus Köln: Überfordertes Bewusstsein | |
> Drei verlorene Gestalten im Gegenlicht tanzen in die Unschärfe hinein. Je | |
> weniger im Köln-„Tatort“ gesprochen wird, desto besser. | |
Bild: Mirko Pohl (Vincent Redetzki) beim Spiel mit Subjektivität und Objektivi… | |
Rechtsmediziner Dr. Roth (Joe Bausch) hat nicht viel Text in diesem Film. | |
Pascal Pohl (Wolf Danny Homann) war in eine nächtliche Verkehrskontrolle | |
geraten, rannte blindlings davon, direkt vor eine Straßenbahn. Klarer Fall. | |
Einer der beteiligten Verkehrspolizisten ist Frank Lorenz (Roeland | |
Wiesnekker), ein alter Bekannter Freddy Schenks (Dietmar Bär), der ihn in | |
Düsseldorf wähnte. Jetzt ist Lorenz zurück in Köln. Eine lange Geschichte. | |
Der alkoholbedingt zum Streifendienst abgestellte Lorenz berichtet von | |
einem zweiten Wagen, der Pohl verfolgt habe, von einer Waffe und einer | |
Tätowierung, wie sie in Kreisen russischer Mafiosi üblich ist. Aber alles | |
ging sehr schnell, beide Polizisten waren übermüdet, der Schock … Max | |
Ballauf (Klaus J. Behrendt) gibt sich skeptisch, Schenk hält dagegen. | |
Als sie den Bruder des Verunglückten informieren wollen, lässt der eilig | |
Drogen im WC verschwinden. So viel, dass der Abfluss verstopft. Trotzdem | |
erkennt die Drogenfahndung nur die übliche Eigenbedarfsmenge und schließt | |
die Akte. | |
Auf den Aufnahmen der Verkehrsüberwachung ist kein schwarzer Jeep | |
auszumachen. Nicht ausgeschlossen allerdings, dass er von einem Lkw | |
verdeckt wurde. Dennoch: Dem Staatsanwalt ist das Material zu dürftig. | |
Frank Lorenz wird misstrauisch. Die Russenbande soll einen Spitzel bei den | |
Kollegen eingeschleust haben. Er macht sich selbst an die Arbeit. | |
„Weiter, immer weiter“ ist weniger vorhersehbar als die früher oft | |
routiniert abgespulten Kölner „Tatort“-Beiträge. Die Autoren Arne Nolting | |
und Jan Martin Scharf treiben ein pfiffiges Spiel mit Wahrnehmungen, deren | |
Beeinflussbarkeit, mit Subjektivität und Objektivität. Wenngleich nicht so | |
konsequent [1][wie einst der Bremer „Tatort“-Beitrag „Scheherazade“], w… | |
die Episode über das Krimigenre hinaus – in einer Ära, in der Tatsachen von | |
Empfindungen ausgestochen werden. | |
Regisseur Sebastian Ko und Kameramann Moritz Anton komponieren passende | |
Bilder zwischen authentischem Lokalkolorit und überfordertem Bewusstsein. | |
Einmal zeigen sie Lorenz und Schenk in dessen Stammkneipe, einem | |
abgeschrubbten Schuppen, beide stumm und mit hängenden Köpfen. Zu „Nights | |
in White Satin“ tanzen drei verlorene Gestalten im Gegenlicht in die | |
zunehmende Unschärfe hinein. | |
Schnitt in die Großmarkthalle. Gleiches Licht, andere Situation: Zwei | |
Autoscheinwerfer nähern sich frontal der Kamera. In den besten Sequenzen | |
wird wenig gesprochen. Aber viel gesagt. | |
6 Jan 2019 | |
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## AUTOREN | |
Harald Keller | |
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