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# taz.de -- Zweifelhafte Aktion für syrische Kinder: Alles für den guten Zwec…
> Das Frauenmagazin „Brigitte“ sammelt Spenden für Kinder in Syrien. Doch
> es gibt Zweifel daran, dass die Spendenaktion uneigennützig ist.
Bild: Will die „Brigitte“ tatsächlich ganz uneigennützig Geld für syrisc…
Vorweihnachtszeit ist Spendenzeit. Wenn die Geldbeutel aufgehen und das
Steuerjahr zu Ende geht, platzieren Hilfsorganisationen ihre Kampagnen
prominent. Seit 2014 sammelt auch Brigitte jährlich für einen guten Zweck:
Mit dem „Schal fürs Leben“ unterstützt das Frauenmagazin aus dem Verlag
Gruner + Jahr zusammen mit der Organisation Save the Children Kinder in
Syrien.
Mehr als eine Million Euro hat die Aktion laut Brigitte seit ihrem Beginn
für Syrien eingebracht. Prominente und PolitikerInnen werben für den Schal,
in diesem Jahr beispielsweise der Schauspieler Bjarne Mädel und die
ehemalige Chefanklägerin der UN, Carla del Ponte. Mit der Brigitte-Ausgabe,
die Ende Oktober erschien, wurde die Aktion kürzlich wieder gestartet. „Die
Kinder brauchen weiter unsere Hilfe, um sie vor Gewalt, Hunger,
Kinderarbeit und Respektlosigkeit zu schützen“, heißt es da.
Die Brigitte, [1][Save the children] und der Wollhersteller Lana Grossa
beteiligen sich unentgeltlich an der Aktion, behauptet die
Kinderhilfsorganisation in einem [2][ausführlichen Text zu dem Schal].
Allerdings ist das zweifelhaft. Es gibt Hinweise darauf, dass Gruner + Jahr
oder eines der beteiligten Unternehmen an der Aktion mitverdient.
Versucht man nachzuvollziehen, wie sich der Preis für den Schal genau
zusammensetzt, kommt man nicht weit. Die Sprecher der Unternehmen verweisen
jeweils auf die anderen Unternehmen. Detaillierte Auskünfte geben sie auch
auf mehrmalige Nachfrage nicht. Das ist für eine Spendenaktion, bei der
Transparenz ja besonders wichtig ist, schon merkwürdig.
## Alles sehr hochwertig
Die Idee mit dem Spendenschal ist einfach. Moderedakteurinnen der Brigitte
entwerfen einen Schal, den LeserInnen kaufen können: das Wollpaket mit
Nadeln und Anleitung zum Selbststricken für 45 Euro, den fertigen Schal für
79 Euro. In beiden sind 10 Euro Spende für syrische Kinder enthalten.
Der Rest, heißt es in dem Spendenaufruf, seien „Kosten für die hochwertige
Alpaka- und Schurwolle, die hochwertigen Stricknadeln sowie die Kosten für
Verpackung, Label und Anleitung. Hinzu kommen die Handlings-,
Distributions- und Vertriebskosten des Wollherstellers, Lana Grossa.“
Alles sehr hochwertig also. Aber wie sich der Preis genau zusammensetzt,
bleibt offen. [3][Laut Strickanleitung] benötigt man für den Schal drei
Knäuel aus Schur- und Alpakawolle. Sie kosten im Einzelverkauf bei der
Wollfirma Lana Grossa 7,95 Euro. Dazu braucht man zwei Knäuel à 3,95 Euro
und eine Stricknadel, die Lana Grossa für 7 bis 10 Euro anbietet. Macht
insgesamt, also für 5 Knäuel und die Stricknadel, einen Warenwert von rund
40 Euro – ohne die 10-Euro-Spende.
Mit den Preisen aus dem Einzelverkauf scheint Lana Grossa nicht zu
kalkulieren. Das wäre auch komisch, denn darin sind nicht nur
Materialkosten enthalten, sondern auch Gewinne für Hersteller und Händler.
Der „Schal fürs Leben“ ist aber eine Charity-Aktion, und Lana Grossa
behauptet ja, sich unentgeltlich an der Aktion zu beteiligen.
## Man kann stutzig werden
Der Einkaufspreis von Wolle und Nadeln dürfte deutlich geringer sein.
Vergleichbare hochwertige Alpaka- und Schurwolle kostet im Einkauf, das
ergibt die Recherche über eine Wollhändlerin, um die 3 Euro pro Knäuel.
Auch die günstigere Wolle und die Stricknadeln sind im Einkauf billiger.
Wenn man mit diesen Einkaufspreisen kalkuliert, hat das Wollpaket insgesamt
einen Warenwert von rund 15 Euro. Rechnet man die Spende von 10 Euro dazu,
kommt man also auf rund 25 Euro – und nicht auf 45 Euro, die die Brigitte
berechnet. Macht der Verlag oder ein anderes beteiligtes Unternehmen also
an dieser Stelle Gewinn? Auch auf diese Frage erhält die taz keine Antwort.
Stutzig kann man auch werden, wenn man die Texte in der Brigitte zu dem
Schal aus den letzten Jahren miteinander vergleicht. Sie sind fast
identisch, aber seit zwei Jahren fehlt ein entscheidendes Wort: „Alle
Beteiligten […] unterstützen die Aktion unentgeltlich“, hieß es noch im
Jahr 2015. Seit 2016 fehlt das Wort „unentgeltlich“: „Alle Beteiligten [�…
unterstützen die Aktion“, heißt es jetzt nur noch.
Warum das Wort weggefallen ist, und ob das ein Hinweis darauf ist, dass die
Brigitte oder eines der beteiligten Unternehmen mit dem Schal Geld
verdient, darauf antwortet eine Verlagssprecherin nicht. Doch sie
versichert: Die Brigitte verdient kein Geld an dem Schal.
## Nicht besonders um Transparenz bemüht
Schließlich gibt es noch ein Indiz: die Redaktion. Jemand, der die
Redaktion gut kennt, aber anonym bleiben will, sagt, es sei immer mal
wieder Thema gewesen, dass mit dem Schal Geld verdient wird.
Auch eine andere Information verwundert: Mitarbeiterinnen der Brigitte
können den Schal zum „Vorzugspreis“ von 25 bzw. 45 Euro kaufen, statt für
45 und 79 Euro. In diesem Jahr haben die Mitarbeiterinnen wieder ein
entsprechendes Angebot erhalten.
Auf Nachfrage der taz, wie der Preisnachlass für Mitarbeiterinnen zustande
kommt, sagt eine Sprecherin von Gruner+Jahr: „Die Differenz zum regulären
Verkaufspreis trägt der Wollhersteller Lana Grossa, der die Aktion
unentgeltlich unterstützt.“ Heißt das, dass Lana Grossa den
Brigitte-Mitarbeiterinnen mit dem Vorzugspreis ein Geschenk macht? Lana
Grossa will darauf nicht eingehen.
Es lässt sich also nicht eindeutig belegen, dass Gruner + Jahr oder ein
anderes beteiligtes Unternehmen mit dem Schal Geld verdient, obwohl sie
anderes behaupten. Was sich allerdings sagen lässt, ist, dass Gruner +
Jahr und die an dem Schal beteiligten Unternehmen hier nicht besonders um
Transparenz bemüht sind. Das ist bei einer Spendenaktion, bei der es
angeblich ausschließlich um das Wohl von syrischen Kindern geht,
fahrlässig.
3 Dec 2018
## LINKS
[1] /Syrien-Studie-von-Save-the-Children/!5389512
[2] https://www.savethechildren.de/fileadmin/user_upload/Downloads_Dokumente/20…
[3] https://www.lana-grossa.de/app/uploads/2018/10/hw2018-ein-schal-fuers-leben…
## AUTOREN
Anne Fromm
## TAGS
Brigitte
Spendenaktion
Save the children
Magazin
Gruner + Jahr
Joko Winterscheid
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