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# taz.de -- „Tatort“ aus München: Minus mal minus ist nicht immer plus
> Kindesmissbrauch, Rache, Horror: Ein Mörder läuft herum, der mit Kindern
> via „Smart-Puppen“ spricht und sie zu Mittätern macht.
Bild: Realistisch wie im TKKG-Hörspiel: In München wird ermittelt
Es ist tatsächlich gruselig, wenn Sentas Augen aufleuchten und die Puppe zu
sprechen beginnt: „Der Weihnachtsmann braucht deine Hilfe.“ Und die kleine
Lena zur Hintertür des Hauses läuft und da wirklich der Weihnachtsmann im
Garten steht und sie ihm bereitwillig die Tür öffnet. „Ich war auch immer
brav“, sagt sie. Doch der Weihnachtsmann legt nur den behandschuhten
Zeigefinger auf den Mund seiner pausbäckigen Maske und gibt ihr einen Keks.
Am nächsten Morgen reitet die Polizei ein. Lenas Eltern sind ermordet
worden. Der Mutter wurde die Kehle durchgeschnitten. „25-II“ prangt an der
Wand über ihr. Ein Hinweis auf Paragraf 25, Absatz 2 im Strafgesetzbuch:
„Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, so wird jeder als Täter
bestraft (Mittäter).“ Dem Vater wurden die Genitalien abgeschnitten. Über
seinem Bett die Warnung: „Wir kriegen euch alle!“
Kindesmissbrauch, Rache. Da draußen läuft ein Mörder herum, der Kindern
sogenannte Smart-Puppen andreht, via Smartphone mit ihnen spricht, sie zu
KomplizInnen macht und dann die TäterInnen umbringt. Subtil ist dieser
„Tatort“ mit Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Batic (Miroslav Nemec) nicht.
Aber eben streckenweise wirklich angsteinflößend, schwer zu ertragen.
Wenn Jonathan beispielsweise seiner Senta anvertraut: „Und dann legt er
sich zu mir, wenn Mama nicht da ist. Er fasst mich an. Ich hasse das.“ Und
Jonathan ist nur eines von vielen Kindern auf der Liste des
Weihnachtsmanns.
Schnell ist die Tätergruppe eingekreist: eine Gruppe anonymer Überlebender
von Kindesmissbrauch. Irgendwer scheint hier zu glauben, dass eine
schlechte Tat eine andere schlechte Tat wiedergutmachen könnte. Dass minus
mal minus auch außerhalb der Mathematik plus ergibt. Doch zu viel will
dieser „Tatort“ den ZuschauerInnen dann eben doch nicht zumuten. Das fast
unerträgliche Leid der Kinder, die Spannung – der Film hält sie nicht.
Und so lösen die Kommissare dann doch einen recht klassischen „Tatort“: mit
verdeckter Ermittlung in der Selbsthilfegruppe, wie immer realistisch wie
im TKKG-Hörspiel (Batic: „Hat denn schon mal wirklich jemand versucht,
Rache zu nehmen?“), mit schiefgehenden Oberservationen (Leitmayr: „Das
gibt’s doch nicht, wie kann euch der entwischen?“), mit Hintermännern und
Verstrickungen, die erst spät klar werden.
Trotzdem: Angucken. Die wenigen Minuten Horror halten Sie schon aus.
2 Dec 2018
## AUTOREN
Jürn Kruse
## TAGS
Tatort
Pädophilie
Rache
sexueller Missbrauch
Tatort
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