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# taz.de -- nord🐾thema: „Smartphones gehören auch für Kinder zum Alltag�…
> Smartphones zu verteufeln und Kinder von ihnen fern zu halten, sei
> sinnlos, sagt der Hamburger Medienpädagoge Andreas Hedrich. Besser sei
> es, den richtigen Umgang mit dem Medium zu üben – und Kindern zu zeigen,
> wo Gefahren lauern
Bild: Kind mit Markengerät: Es geht auch ohne Apfel, sagt Andreas Hedrich
Interview Milena Pieper
taz: Herr Hedrich, sind Smartphones für Kinder wirklich so böse?
Andreas Hedrich: Nein. Es kommt darauf an, wie man sie verwendet.
Smartphones haben eine Faszination und gehören mittlerweile zu unserem
Alltag. Wir wollten alle Smartphones haben. Jetzt sind sie da, aber nicht
per se böse.
Wie bringt man Kindern den Umgang damit bei?
Ich muss Kinder beim Umgang mit Medien begleiten. Der Erwerb von
Medienkompetenz ist wichtig und zwar in Bezug auf Inhalte, nicht auf die
Technik. Ich kann mit Kindern einen Film drehen oder ein Hörspiel
produzieren und sie verstehen so, was dahintersteckt. Auch die gemeinsame
Nutzung von Apps gehört dazu, aber die eine Smartphone-Anwendung gibt es
nicht.
Worum geht es in Ihren medienpädagogischen Projekten?
Um das Selbermachen. Dazu gehört bei digitalen Medien auch alles, was mit
Persönlichkeitsrechten zu tun hat. Ich versuche, den Kindern beizubringen,
dass sie mit ihren Daten vorsichtig umgehen und dass viele der Anwendungen,
die sie nutzen, eigentlich nicht für sie geeignet sind, Whatsapp zum
Beispiel.
Wofür benutzen Kinder ihr Smartphone?
In unseren Projekten können wir beobachten, dass etwa ein Drittel der
Kinder es als Telefon nutzt, also die Eltern anruft oder mal ein Foto
macht. Dann gibt es die Jungs, die wahnsinnig gerne spielen. Und die
Mädchen, die eher viel kommunizieren.
Muss es dafür gleich das neueste iPhone sein?
Nein, auf keinen Fall! Ich finde es sehr problematisch, wenn sich das an
einer Marke orientiert. Das unterstützt ein Konsumverhalten, das nichts mit
Funktionalität zu tun hat. Ein abgelegtes Smartphone ist ein guter
Einstieg. Das können Eltern ihren Kindern anfangs auch nur mitgeben, wenn
es wirklich notwendig ist.
Ist ohne eigenes Smartphone das Außenseiterdasein nicht vorprogrammiert?
Ich höre immer wieder, dass das ein Problem sein kann, aber da, wo ich in
Schulklassen war, habe ich das so nicht erlebt. Vielleicht ist das eher
unsere Erwachsenen-Perspektive.
Ab wann haben Kinder heute ein Smartphone?
Das geht meist so ab zehn Jahren los.
Ist das zu früh?
Wenn die Eltern den Umgang mit dem Smartphone begleiten, sehe ich darin
kein Problem. Wenn es aber keine Grenzen gibt und Eltern ihre Kinder allein
lassen, ist das für Zehnjährige problematisch – auch weil sie wenig
Möglichkeiten haben, sich abzugrenzen.
Wovon?
Es gibt nicht mehr das Elternhaus, den Freundeskreis und die Schule als
abgeschlossene Bereiche, in denen Kinder sich bewegen und eine Rolle
einnehmen. Das ist heute, vor allem durch die ständige Kommunikation mit
Smartphones, viel durchlässiger. Eltern können ihre Kinder in der Schule
erreichen, ihre Freunde können sie ständig zu Hause anrufen und so weiter.
Das ist nicht immer gut. Da bleibt kaum Platz, mal für sich zu sein.
Sind Smartphones also Teil der Sozialisation?
Sie gehören ganz klar dazu. Medien verändern Sozialisation nachhaltig.
Positiv oder negativ?Was ist in der Sozialisation positiv oder negativ? Das
Smartphone gehört zum Alltag. Darum müssen wir damit umgehen. Das bedeutet
auch, darüber nachzudenken, in was für einer Gesellschaft wir leben wollen.
Dass so viele Daten gesammelt werden, ist zum Beispiel ein Problem des
globalisierten Marktes, der nicht darauf ausgerichtet ist, Kinder zu
schützen. Medienerziehung ist deswegen besonders wichtig.
Was ist der Unterschied zu Medienpädagogik?
Medienerziehung ist ein Teil der Medienpädagogik. Bei Kindern findet
Erziehung zu Hause statt. Da sind die Eltern gefragt. Für den Umgang mit
dem Smartphone braucht es klare Regeln. Eltern haben eine Vorbildfunktion.
Wenn sie alle fünf Minuten auf ihr Smartphone schauen, denken die Kinder,
das sei normal. Am wichtigsten ist, die eigenen Kinder wahrzunehmen und zu
verstehen, wann sie womit umgehen können. Ich setze ja auch nicht ein
dreijähriges Kind auf ein Erwachsenenfahrrad und lasse es losfahren,
sondern ich versuche immer das zu geben, was zum Stand der Entwicklung
passt.
Wie ist das in der Schule?
Da braucht es auch Regeln und Gespräche darüber, was für Kinder geeignet
ist – also Kinderseiten oder Kindersuchmaschinen. Das Smartphone ab und zu
in der Schule einzusetzen, finde ich super. Das bringt Spaß und macht das
Gerät nicht zu etwas Besonderem, das einen Reiz des Verbotenen hat.
Ist das Smartphone eine Chance für positive Lerneffekte?
Ja, klar. Denn das Arbeiten mit dem Smartphone macht Spaß und es gibt
Sachen, bei denen es wegen der Faszination total Sinn macht, es in der
Schule einzusetzen. Man kann zum Beispiel in Physik einen Versuch filmen
oder in Mathe Fotos von Kurven machen, um die aus verschiedenen
Perspektiven zu betrachten. Es gibt auch tolle Lern-Apps als Ergänzung zum
Unterricht.
Aber halten sich Kinder außerhalb der Schule an einen vernünftigen Umgang?
Ich denke, dass Kinder auch im Internet erst mal nur das machen, was sie
verstehen. Die Sorge, dass sie Pornos aufrufen oder sich Gewaltvideos
anschauen, gab es schon vor den Smartphones. Die kann ich auch
nachvollziehen, aber man kann Kinder nicht komplett fernhalten.
Cybermobbing oder Sexting sind Probleme, die sich über soziale Medien heute
anders darstellen. Dadurch werden sie perfider und schwieriger. Aber durch
das Smartphone ändert sich nur der Zugangsweg.
Der ist niedrigschwelliger, wenn das Kind abends im Bett noch im Internet
surft …
Darum würde ich auch verbieten, dass Kinder bis zum Alter von etwa 13
Jahren ihr Smartphone abends mit ins Zimmer nehmen. Das hat neben dem Bett
von Kindern nichts zu suchen und neben dem der Eltern eigentlich auch
nicht. Damit wären wir wieder bei der Vorbildrolle.
Was ist dran an der Vorstellung, dass Kinder und Jugendliche nicht mehr
ohne Smartphone können?
Ich bin da hin und hergerissen. Ich bin viel an Schulen und stelle immer
wieder fest, dass ich diese Angst nicht teile. Ich finde schon, dass es zu
viele Kinder gibt, die das Smartphone zu exzessiv nutzen, aber bei älteren
Jugendlichen habe ich das Gefühl, dass sich das sogar zurückentwickelt und
nicht mehr alles nur auf dem Smartphone stattfindet. Das ist aber nur eine
Beobachtung.
Haben Smartphones Suchtpotenzial?
Man kann nicht von einem Gerät abhängig werden. Vielleicht von den Inhalten
und Unterhaltungsmedien, aber gerade rückt dieses Thema stark in den Fokus,
obwohl die Situation vor drei oder vier Jahren schon ähnlich war. Der
Besitz von Smartphones bei Kindern hat nicht extrem zugenommen.
Problematisch ist, dass das Smartphone pauschalisiert wird. Es hat hohes
Ablenkungspotenzial, ja, aber auch, weil man es quasi für alles nutzen
kann.
27 Oct 2018
## AUTOREN
Milena Pieper
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