Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Digitalisierung im Rettungsdienst: „Bis zu drei Einsätze gleichz…
> Notärzte nicht vor Ort, sondern live zugeschaltet – das könnte in NRW
> bald normal werden. Ein Gespräch mit dem Leiter des Aachener
> Pilotprojekts.
Bild: Einsatz mit „Telenotarzt“-Wagen in Greifswald. Dort läuft ein entspr…
taz: Herr Felzen, der NRW-Gesundheitsminister Karl Josef Laumann wünscht
sich Telenotärzte für ganz NRW. In Aachen erproben Sie das System schon
seit 2014 – der Notarzt ist dabei nicht vor Ort, sondern wird live
zugeschaltet. Wie funktioniert das?
Marc Felzen: Im Rettungswagen gibt es eine Übertragungseinheit, in die ein
Mobilfunkkasten von mehreren Anbietern integriert ist. Darüber können die
Vitaldaten und das EKG direkt an den Telenotarzt übertragen werden.
Zusätzlich hält die Besatzung des Rettungswagens Sprachkontakt über
Headsets, und wenn der Patient im Krankenwagen liegt, ist auch eine
Videoübertragung möglich. Der Telenotarzt kann dann zum Beispiel direkt
Medikamente verschreiben.
Was kann ein Telenotarzt, was ein Notarzt nicht kann?
Durch Telenotärzte wird das therapiefreie Intervall überbrücktoben – so
nennen wir die Zeit bis zum Eintreffen des Notarztes. In dieser Zeit darf
die Besatzung des Rettungswagens keine invasiven Maßnahmen durchführen und
keine Medikamente vergeben. Früher, wenn das Team einen Notarzt nachfordern
musste, gab es eine Verzögerung von 20 oder sogar 30 Minuten, gerade im
ländlichen Raum. Jetzt kann das Rettungsteam Schmerzmittel per Knopfdruck
beim Telenotarzt anfordern und muss nicht auf den Notarzt warten, wenn sich
der Patient vor Schmerzen quält. Außerdem kann ein Telenotarzt von der
Zentrale aus bis zu drei Einsätze verschachtelt machen und dabei an
mehreren Standorten gleichzeitig praktizieren. Die Ressource Notarzt wird
dadurch verfügbarer für überlebenswichtige Einsätze.
Also eine Reaktion auf den Ärztemangel?
Natürlich ist das auch eine Reaktion darauf. Telenotärzte sind eine
zusätzliche Ressource im Rettungsdienst. Viele Standorte bräuchten mehr
Notärzte, die kriegen sie aber nicht, weil die Ärzte fehlen. Da ist das
sozusagen ein Add-on.
Auch ein Faktor, um Kosten zu sparen?
Ein regulärer Notarzteinsatz kostet etwa 430 Euro, einer mit dem
Telenotarzt 400 – wegen der ganzen Technik. So viel Einsparung ist da gar
nicht.
Sie leiten den Telenotarztdienst in Aachen. Was für Erfahrungen haben Sie
bis jetzt mit dem System gemacht?
Sehr gute. Da wir schon seit 2007 daran forschen, hat alles sehr gut
funktioniert, als wir die Telenotärzte 2014 eingeführt haben. Die meisten
Patienten reagieren positiv, wir hatten mittlerweile 12.000 Einsätze mit
dem Telenotarzt und nur ein Patient hat der Videoübertragung nicht
zugestimmt. Auch die Übertragungsraten sind zu 95 Prozent zuverlässig, nur
in 5 Prozent der Fälle hat etwas nicht funktioniert.
Stichwort Digitalisierung: In NRW gibt es noch jede Menge Funklöcher. Die
Übertragung der Daten in die Zentrale funktioniert dort aber nicht.
Wenn das Fahrzeug in einem Funkloch steckt, muss die Besatzung einen
Notarzt hinterher rufen. Bis der eintrifft, versucht man überbrückend den
Telenotarzt zu konsultieren. Das macht man dann so gut es geht, auch wenn
die Verbindung immer wieder abbricht.
Wird der Notarzt, wie man ihn kennt, denn irgendwann verschwinden?
Nein, wir wollen auf keinen Fall den Notarzt abschaffen! Das muss man im
Gespräch mit Krankenkassen und Kostenträgern auch immer wieder betonen: Sie
können nicht wegrationalisieren, was Sie brauchen. Wenn Sie im ländlichen
Raum jemanden wiederbeleben müssen und rationalisieren die Notärzte weg –
dann ist keiner mehr da, der das macht. Reanimation, Beatmung, dafür
brauchen wir die Notärzte vor Ort.
14 Oct 2018
## AUTOREN
Sophie Spelsberg
## TAGS
Notarzt
Aachen
Digitalisierung
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.