| # taz.de -- „Tatort“ aus München: Die Maschine, deine beste Freundin | |
| > Die Tochter eines Kollegen ist verschwunden und die einzige Zeugin ist | |
| > ein Computerprogramm. Immerhin: Der Film gleitet nicht ins Dystopische | |
| > ab. | |
| Bild: Wie zeigt man eine Künstliche Intelligenz im Film? Weißer Kreis | |
| Setzen! Der Unterricht geht los! Erst einmal müssen in diesem Münchener | |
| „Tatort“ Texttafeln her. Der Turing-Test wird erklärt: Wenn ein Mensch | |
| nicht unterscheiden kann, ob er oder sie ein Gespräch mit einer Künstlichen | |
| Intelligenz (KI) oder einer realen Person führt, hat die Maschine den | |
| Turing-Test bestanden. „Der Test wurde bis heute noch nie erfolgreich | |
| durchgeführt“, heißt es. | |
| Dann geht der Film richtig los: Melanie, die Tochter eines Kollegen von | |
| Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl), ist verschwunden. Sie | |
| hat sich stunden-, tagelang mit Maria, einer Künstlichen Intelligenz | |
| unterhalten. Maria hat alles aufgezeichnet. Was weiß die Maschine? Was hat | |
| sie gehört oder gesehen? | |
| „Ich kenne dich nicht“, sagt Maria, als sich Leitmayr an den aufgeklappten | |
| Laptop setzt. „Ich bin Franz. Wer bist du?“ | |
| Maria ist die (unerlaubte) Abspaltung eines KI-Projekts, an dem gerade am | |
| Leibniz-Rechenzentrum in Garching geforscht wird: Exmap. „Exmap analysiert | |
| Gespräche, kann Emotionen erkennen und die Verbindungen der künstlichen | |
| Neuronen unterschiedlich gewichten“, erklärt der Forschungsleiter. Exmap | |
| spielt also Gehirn. Und je mehr mit dem Programm geschnackt wird, desto | |
| besser beherrscht es dieses Spiel. | |
| Also setzen sich auch die beiden Kommissare hin und reden mit Maria. Eher | |
| widerwillig. Eine Maschine als Zeugin? Der „Tatort“ versucht auszuloten, | |
| was in einer vernetzten Welt voller Mikrofone und Kameras und Rechner, | |
| einer Welt, in der alles smart ist oder zu sein scheint, mit all den Daten | |
| passiert. Nutzen? Gefahr? Nervig? | |
| ## Bedächtige Offline-Welt | |
| Und die wichtigste Frage: Wie setzt man Künstliche Intelligenz für einen | |
| Film in Szene? Den Machern ist da nicht viel eingefallen: Maria ist ein | |
| weißer Kreis. Spracherkennung halt. Dazu immer wieder die blinkenden | |
| Leuchten an Servern. Wenn Exmap arbeitet, rattern Datenkolonnen in grüner | |
| Schrift auf dunklem Grund, der Kopf wird mit ein paar Messpunkten | |
| dargestellt. Bekannte Bilder. Seit den 90ern Hunderte Male gesehen. Blink, | |
| blink, blink. Schnell, schnell, schnell. | |
| Immerhin liefert dieser „Tatort“ auch gleich das Gegengift: Die | |
| Offline-Welt läuft bedächtig ab. Wenige Schnitte. Klaviermusik. Es regnet | |
| viel. Düster ist es. | |
| Zudem schaffen Stefan Holtz, Florian Iwersen (Drehbuch) und Sebastian Marka | |
| (Regie) es, einen nicht in Zukunftsdystopien abgleitenden Film zu | |
| entwickeln. Nein, die Maschine ist nicht grundsätzlich böse. Und nein, der | |
| Mensch ist nicht das Opfer seiner selbst erschaffenen Kreatur. | |
| 21 Oct 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Jürn Kruse | |
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