# taz.de -- Portguals Clubs in der Champions League: Die E-Maulwurf-Affäre | |
> Der FC Porto und Benfica Lissabon vertreten Portugal in der Champions | |
> League. Sie kämpfen wie Mafiaclans gegeneinander. | |
Bild: Anlass der aktuellen Fehde: Vertrauliche Mails von Benefica-Verantwortlic… | |
Die einen nennen die anderen das „sichtbare Antlitz des organisierten | |
Verbrechens“. Die wiederum beschuldigen die anderen als „Professoren der | |
Kriminalität“. Drohungen rivalisierender Mafiagangs? Nicht ganz: der | |
jüngste Schlagabtausch zwischen Benfica Lissabon und dem FC Porto. | |
Anlass der Fehde zwischen den Champions-League-Gegnern von Schalke (Porto, | |
Dienstag) und Bayern (Benfica, Mittwoch) ist der sogenannte Caso dos mails: | |
Vertrauliche E-Mails von Benfica-Verantwortlichen wurden abgefangen. Der | |
Lissaboner Klub beschuldigt Porto, den Hacker Rui Pinto damit beauftragt zu | |
haben, einen in Osteuropa untergetauchten Mann, der auch hinter den | |
Football-Leaks-Enthüllungen stehen soll. Rui Pinto soll mit Diogo Faria, | |
einem Kommentator von Portos Vereins-TV, zur Schule gegangen sein. Der | |
publizierte 2017 mit Portos Kommunikationschef Francisco Marques ein Buch | |
über Benfica („Der rote Krake“). | |
Die Mails sollen dokumentieren, wie Benfica das portugiesische | |
Schiedsrichterwesen kontrolliert. „Dieser Raum wurde durch viel Arbeit des | |
Premierministers erobert“, hieß es in einem mutmaßlichen Schreiben eines | |
Benfica-nahen Referees: „Wir haben gute Priester für alle Messen.“ Der | |
„Premierminister“ wird als Code für Benfica-Präsident Luís Filipe Vieira | |
verstanden, die „Priester“ waren die Schiedsrichter, die „Messen“ die | |
Spiele. | |
Rekordmeister Benfica hat mittlerweile fünf Verfahren am Hals – darunter | |
den „caso e-toupeira“, die E-Maulwurf-Affäre, in dem die Staatsanwaltschaft | |
vor zwei Wochen ihre Anklage erhob. Darin bezichtigt sie Benfica der | |
Korruption und Verletzung von Amtsgeheimnissen. Der Klub soll die | |
portugiesische Justiz unterwandert haben und auf diese Weise weit im Voraus | |
über anstehende Verfahren informiert gewesen sein. Hausjurist Paulo | |
Gonçalves soll dafür zwei Justizangestellte mit Geschenken bedacht haben. | |
Der Rechtsbeistand, dem 79 Vergehen vorgeworfen werden, trat am Wochenende | |
ab. Doch auch Klubchef Vieira, gegen den in einem anderen Korruptionsfall | |
persönlich ermittelt wird, soll das Vorgehen gebilligt haben. | |
## Miese Bosse | |
Portugals Fußball-Präsidenten sind bei Skandalen seit jeher mittendrin und | |
zuletzt von Sportings Bruno de Carvalho in besonderen Verruf gebracht | |
worden, der mit seiner absolutistischen Attitüde eine gewalttätige | |
Fan-Attacke gegen die eigenen Spieler provozierte. Etliche Stars verließen | |
daraufhin den Verein, im Juni wurde Carvalho gestürzt. Weiter im Amt | |
hingegen ist Vieira, mit knapp 15 Jahren länger als je eine | |
Benfica-Präsident zuvor. Was andererseits natürlich nichts ist gegen die 46 | |
Jahre, die Jorge Nuno Pinto da Costa nun schon den FC Porto regiert. | |
Der „Papst von Porto“ spielt seinen eigenen Part in der | |
Korruptionsgeschichte, bei der es vor allem um die Macht über die | |
Schiedsrichter geht. Mit teuren Urlaubsreisen und Prostituierten soll er | |
Unparteiische bestochen haben. Der Lebemann wurde angeklagt, letztlich aber | |
freigesprochen. Pinto da Costa überlebte auch ein Buch seiner Ex-Freundin | |
Carolina Salgado, in der sie die Prostituiertengeschenke thematisierte. | |
Wie die E-Mails und weitere Insiderberichte suggerieren, verschoben sich | |
die Machtverhältnisse danach in Richtung Lissabon, das mit vier | |
Meisterschaften zwischen 2014 und 2017 die vorherige Dominanz Portos | |
beendete. Der ehemalige Fifa-Schiedsrichter Marco Ferreira berichtete, wie | |
er vor Benfica-Spielen immer einen eindringlichen Anruf seines Chefs | |
erhalten habe. 2015 war Ferreira in die Zweite Liga zurückversetzt worden. | |
Ihm schadete vor allem eine historisch schwache Note für seine Leistung bei | |
einer Niederlage Benficas gegen Sporting Braga. Verteilt hatte die Zensur | |
Schiedsrichterbeobachter Julio Loureiro, der hauptberuflich an einem | |
nordportugiesischen Gericht arbeitet – und nun in der Maulwurf-Affäre als | |
einer der beiden von Benfica korrumpierten Justizbeamten genannt wird. | |
Die Lissaboner streiten alle Vorwürfe ab. Doch die Staatsanwaltschaft | |
fordert harte Sanktionen: gar einen Ausschluss aus dem Spielbetrieb für | |
sechs Monate bis drei Jahre. Das käme sozialem Sprengstoff gleich, wo sich | |
doch rund die Hälfte der fußballverrückten Portugiesen als Benfica-Anhänger | |
definiert. | |
17 Sep 2018 | |
## AUTOREN | |
Florian Haupt | |
## TAGS | |
Champions League | |
FC Porto | |
Benfica Lissabon | |
Fußball | |
FC Sevilla | |
Schwerpunkt Fußball-EM 2024 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Scheitern von Manchester United: Peinigende Risikoarmut | |
Das frühe Scheitern in der Champions League ist für United eine Demütigung, | |
doch deren Trainer José Mourinho demonstriert Gelassenheit. | |
EMtaz: Portugals Talentschmiede: Gutes Training in der Einöde | |
Die meisten Spieler der Portugiesen kommen aus der Nachwuchsakademie von | |
Sporting Lissabon. Diese brachte schon Figo hervor – und Ronaldo. |