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# taz.de -- Trauerfeier für John McCain: Des Falken letzte Reise
> Seine Trauerfeier hat John McCain selbst choreografiert. Der Militarismus
> des verstorbenen US-Senators ist bei den Festivitäten kein Thema.
Bild: Klarer Zeitplan: Von Phoenix aus ging es noch am Donnerstag per Flugzeug …
Washington taz | Fast alle, die in Washington Rang und Namen haben, werden
sich am Samstag in der Nationalkathedrale versammeln, um John McCain die
letzte Ehre zu erweisen. Beide Ex-Präsidenten, gegen die [1][der
verstorbene republikanische US-Senator] verlor, Barack Obama und George W.
Bush, sollen Trauerreden halten. Regierungsmitglieder, Oppositionelle,
Militärs und ein russischer Regimegegner sollen den Sarg tragen. Das
Fernsehen wird live übertragen.
Nur zwei Personen müssen fernbleiben: der aktuelle US-Präsident Donald
Trump und Sarah Palin, die Frau, die McCain 2008 zu seiner
Vizepräsidentschaftskandidatin gemacht hatte, bevor er die Wahl verlor. Der
Tote wollte die beiden nicht dabei haben.
Die Choreografie für seine Trauerfeier hat McCain bis ins Detail selbst
geplant. Kurz nachdem er vor einem Jahr die Diagnose seines
fortgeschrittenen Hirnkrebses erhielt, kontaktierte er die Redner, wählte
die Musik aus und bestimmte die Stationen seines viertägigen Abschieds.
Am Mittwoch wurde er im Kapitol in Phoenix in seinem Heimatstaat Arizona
aufgebahrt – eine Ehre, die bislang nur zwei anderen Personen zuteil wurde,
darunter dem Olympiasieger von 1936 Jesse Owens. Es folgte eine erste
Zeremonie in einer Baptisten-Kirche am Donnerstag in Phoenix und ein Flug
in das 3.700 Kilometer entfernte Washington. Nach der Zeremonie in der
National Cathedral soll der Leichnam am Sonntag auf dem Navy-Friedhof in
Annapolis beigesetzt werden.
McCain war am vergangenen Samstag im Alter von 81 Jahren gestorben und
wurde auch international von vielen als „amerikanischer Held“ gewürdigt.
Eine derartige Ehrung wird sonst allenfalls Präsidenten zuteil, nicht
einem, der erst Bomberpilot und dann Kriegsgefangener in Nordvietnam war,
später zweimal ins Repräsentantenhaus und sechsmal in den Senat gewählt
wurde und der die Hürde ins Weiße Haus nicht schaffte.
McCain galt seit seiner Rückkehr aus der vietnamesischen Gefangenschaft als
„Kriegsheld“. Er selbst sah sich als „Querdenker“. In seinen letzten
Monaten war er oft der einzige Republikaner, der es wagte, den Präsidenten
zu kritisieren. Seit Samstag erhielt er dafür besonders viele Komplimente
von DemokratInnen.
„Fair, aufrecht, würdig“, sagte Ex-Vizepräsident Joe Biden vor McCains Sa…
in Phoenix. „Kriegerischer Patriot“ fiel Ex-Außenministerin Hillary Clinton
zu ihm ein. Selbst der demokratische Sozialist Bernie Sanders würdigte ihn
für seinen „Anstand“.
## Krieg als Mittel der Außenpolitik
Die Anti-Kriegsaktivistin Medea Benjamin hält dagegen. Sie hat McCain oft
erlebt. Mit ihrer Gruppe „Code Pink“ versuchte sie im Kongress,
Militärinterventionen zu verhindern. McCain war einer der einflussreichsten
Falken im Senat und sah Krieg als Mittel der Außenpolitik. Die
höchstmögliche Aufstockung des Militäretats betrachtete er als eine seiner
Hauptaufgaben.
McCain hat sämtliche US-Militäraktionen – vom Irak über Jugoslawien,
Afghanistan und Libyen – unterstützt. Er war gegen das Atomabkommen mit dem
Iran und sorgte noch im vergangenen Jahr dafür, dass die Waffenlieferungen
an Saudi-Arabien trotz der Bombardements im Jemen fortgesetzt werden.
Nicht einmal den Vietnamkrieg, in dem er seine Gesundheit und fünfeinhalb
Jahre seines Lebens verlor, hat er je grundsätzlich kritisiert. Er
bemängelte allenfalls, dass „die Zivilisten“ in Washington zu wenig
Material und zu wenige Soldaten schickten. „So einer ist kein Held“, sagt
Medea Benjamin, „Helden verhindern Kriege“.
## „Ihr seid schändlicher Abschaum“
Auch von McCains' Toleranz gegenüber Andersdenkenden, die jetzt in vielen
Lobreden hervorgehoben wird, war nichts zu spüren, als er im Jahr 2015 als
Vorsitzender des Militärausschusses Henry Kissinger in den Senat lud.
Medea Benjamin und andere AktivistInnen waren im Saal. Sie protestierten
„im Namen der Menschen in Chile, Vietnam, Ost-Timor, Kambodscha und Laos“
dagegen, dass der Mann, der Präsident Richard Nixon bei Kriegen und
Interventionen beraten hatte, als Experte angehört wird. „Ihr seid
schändlicher Abschaum“, entgegnete McCain: „Verschwindet!“
Bei den viertägigen Trauerfeiern spielt McCains Militarismus keine Rolle.
Das mag auch daran liegen, dass die Trauerredner – aus beiden Parteien – in
militärischen Fragen eng mit ihm zusammengearbeitet haben.
Auch Donald Trump konnte sich, wenn es um Abstimmungen ging, auf den
„Querdenker“ verlassen. Trotz aller Kritik an Trumps‘ Stil hat McCain bei
Abstimmungen in 83 Prozent der Fälle für die Vorhaben des Präsidenten
gestimmt.
1 Sep 2018
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## AUTOREN
Dorothea Hahn
## TAGS
USA
Republikaner
John McCain
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