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# taz.de -- „Tatort“ aus Berlin: Die Milchschaumdüse des Grauens
> Ein Mann wird von seiner Kaffeemaschine ermordet, eine Frau von einem
> Wildschwein. Gibt's da einen Zusammenhang?
Bild: Eine Frau stirbt beim Joggen im Wald
Ja, verdammt, gibt es denn überhaupt keine Hoffnung in dieser Stadt? Kein
Zipfelchen, das den Sonntagabend ein bisschen weichspült? Vielleicht könnte
ja wenigstens Hauptkommissar Karow (Mark Waschke) am Ende nicht allein in
der winterdunklen Wohnung sitzen und sich von seinem digitalen Endgerät den
Wasserkocher anschmeißen lassen für eine Tasse Tee. Ja, so ein kleines
bisschen Wärme täte jetzt gut.
Wird in diesem „Tatort“ aber nicht spendiert. Kalt und frostig liegt die
Stadt da im ewigen Eis des Berliner Winters. Der letzte dauerte ja – wir
haben’s über den „Sahara-Sommer“ beinahe wieder vergessen – tatsächli…
ewig und drei Tage. Nein, die Stadt ist nicht schön, und die Menschen sind
auch nicht gerade wahnsinnig nett. Vor allem sind sie alle auf ihre jeweils
eigene Art sehr einsam.
Da ist zunächst der alte Mann, der hoch über dem Kurfürstendamm in seinem
staubigen Apartment sitzt, er selbst ein Relikt aus einer anderen Zeit, als
es noch Kaffeehäuser und promenierende Herren mit Gehstock und Damen mit
Dackeln auf dem Ku’damm gegeben haben muss. Jedenfalls noch keine
vollautomatischen Coffeeshops, wo ein Roboter die Milch aufschäumt.
Der alte Mann (Horst Westphal) beobachtet von seinem „Zwischenreich“ aus,
noch nicht ganz im Himmel, hoffentlich noch nicht in der Hölle, wie er
sagt, was sich da Nacht für Nacht auf dem Ku’damm abspielt, und manchmal
ist das auch ein Mord. Tom Menke (Martin Baden), Inhaber des
Automatik-Coffeeshops, wird von seinem eigenen Kaffeeroboter erstochen. Der
jagt ihm die Milchschaumdüse direkt ins Kleinhirn. Wer hat ihn
programmiert, das zu tun?
Die verstrahlte Gruppe Jugendlicher, die ihn nach einer Partynacht findet,
macht erst mal ein Selfie mit dem Toten. Zur gleichen Zeit stirbt im
verschneiten Grunewald eine Joggerin nach einem Wildschweinangriff. Ein
Unfall? Kommissarin Rubin (Meret Becker) glaubt, das man sie kaltblütig hat
sterben lassen.
Die Mordmotive sind niederster Natur. Die Kommissare kämpfen jeweils mit
ihren eigenen Dämonen. Und die Kritik an einer Zukunft, in der Roboter die
Macht übernehmen, bleibt als angenehm leiser Sound im Hintergrund. Versteht
ja trotzdem jeder. Eine düstere Verbeugung vor der schmutzigen Schönheit
der Hauptstadt.
Am Ende, so viel sei verraten, findet wenigstens noch der alte Mann in
seinem „Zwischenreich“ über dem Ku’damm seinen Frieden, zumindest ein
bisschen.
16 Sep 2018
## AUTOREN
Anna Klöpper
## TAGS
Tatort
Wochenendkrimi
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