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# taz.de -- nordđŸŸthema: HĂŒtte zum HĂ€keln
> GartenhĂ€user sind der Inbegriff von NĂŒtzlichkeit, finden darin doch vom
> RasenmÀher bis zur Hollywoodschaukel allerlei GerÀtschaften einen
> trockenen Platz. Einige Trends zu kleinen HĂ€usern zeigen allerdings auch
> manche Sinnlosigkeit
Bild: „Tiny House“ oder „She Shed“: auf jeden Fall zu schade fĂŒr das b…
Von Florian Maier
Klein, kleiner, „Tiny House“! Trends aus den USA sollen aus gammeligen
GartenhÀusern Wohn- und Alltagsorte machen. In sozialen Netzwerken liest
man von „Tiny Houses“, „She Sheds“ und „Man Caves“. Die Trends sche…
neu, die mitgelieferten Bilder hingegen oft romantisierend veraltet.
GartenhĂ€user dĂŒrfen zukĂŒnftig WohnqualitĂ€t mit sich bringen. Wo vorher noch
der dreckige Benzin-RasenmĂ€her und die Rattan-StĂŒhle mit vergilbtem
Blumensitzpolster aus den 2000e- Jahren standen, sollen kĂŒnftig
WohlfĂŒhloasen oder LebensrĂ€ume entstehen. „Tiny Houses“ beispielsweise
sollen den Nutzer*innen alles, was man zum Leben braucht, auf sehr wenigen
Quadratmetern bieten. Manchmal sind diese HĂ€user sogar mobil. Doch das
Ganze sollte man nicht mit den WagenplĂ€tzen in deutschen GroßstĂ€dten
verwechseln.
## Ein ganzes Dorf an der Elbe nur mit „Tiny Houses“
Mittlerweile bilden sich ganze Dörfer, die nur aus „Tiny Houses“ bestehen.
So beispielsweise auch an der Elbe, circa 30 Minuten von LĂŒneburg entfernt.
Hier soll in den nĂ€chsten Jahren ein Dorf auf einem „drei Hektar großen
GelĂ€nde direkt hinter dem Deich inmitten freier Natur“ namens „Elborado“
entstehen, wie die Betreiber und Erbauer auf ihrer Website schreiben. FĂŒr
knapp 90.000 Euro plus monatlicher Pacht- und Betreiberkosten kann man sich
ein 30-Quadratmeter-Haus kaufen. Nicht gerade gĂŒnstig, vergleicht man es
mit den Kaufpreisen der Umgebung. Aber der Preis inkludiert ja auch, Teil
einer Bewegung zu sein. Des Weiteren darf man das „Elbo House“ laut Website
gern auch fĂŒr 120 Tage im Jahr vermieten.
## Vom Notbehelf zur Lebensform
Dabei ist die Bewegung, in kleine HĂ€user zu ziehen, gar nicht so neu. Die
UrsprĂŒnge lassen sich bereits in den 1990er-Jahren aufgrund eines Buches
von Sarah Susanka mit dem Titel „The not so big House“ finden. Einhergehend
mit der Finanzkrise 2008 wurden „Tiny Houses“ in den Vereinigten Staaten
lukrativ fĂŒr die Betroffenen jener Krise. Geringe Wartungs- und
Haltungskosten lockten einige Personen in kleinere HĂ€user. Von einer großen
Bewegung lÀsst sich allerdings noch nicht sprechen. So geht man in den USA
davon aus, dass lediglich ein Prozent der KĂ€ufer „Tiny“ oder die etwas
grĂ¶ĂŸeren „Small Houses“ in Betracht ziehen.
Trotzdem bieten mittlerweile auch Online-FachhĂ€ndler fĂŒr GartenhĂ€user wie
die Gartenhaus GmbH in Hamburg ganze „Tiny Houses“ zum Kauf an. Diese
Modelle namens „Granada“ oder das kleinere „Donald“ sind dann etwas
gĂŒnstiger als ein Haus in Elborado, liefern aber auch noch nicht die Natur
und das geeignete GrundstĂŒck mit. Auch die Marketingleiterin der Gartenhaus
GmbH bestĂ€tigt: „Der Anteil an verkauften ‚Tiny Houses‘ ist sehr gering.…
Sie geht jedoch davon aus, dass diese Wohnart in „drei bis vier Jahren
Relevanz haben wird“.
## Peter Lustig 4.0
Dabei schien der Traum vom autarken Leben in kleinen HĂ€uschen oder Bauwagen
so romantisch. Bewunderte man frĂŒher noch Peter Lustigs schmuddeligen
blauen Wagen mit der selbstgebauten Treppe aus StĂŒhlen zum Dach, wirken die
neuen mobilen HĂ€user wie Luxusaccessoires fĂŒr Gutverdiener aus deutschen
InnenstĂ€dten. Die ursprĂŒngliche Konsumkritik der „Tiny House“-Bewegung wi…
hier zum Ferienspaß und Investitionsgut. GlĂŒcklicherweise weisen die neuen
„Tiny Houses“ bessere Energiebilanzen auf, als der Bauwagen aus „Löwenza…
– vielleicht besteht darin die eigentliche Kritik.
Doch es gibt die Menschen noch, die in Eigenregie ihren Traum vom „Tiny
House“ verwirklichen und nicht nur auf kommerzielle Anbieter zurĂŒckgreifen.
„FĂŒr viele Kunden ist die Investition in ein fertiges Tiny House zu groß“,
gibt Moisel zu: „Viele Kunden nutzen grĂ¶ĂŸere Gartenhauskonstruktionen ab
zwei RĂ€umen und bauen sich ihr ‚Tiny House‘ in Eigenregie inklusive Strom-
und Wasserversorgung aus.“
## Hochglanzfotos in den sozialen Netzwerken
Weitere Wohntrends im Jahr 2018 sind sogenannte „She Sheds“ und „Man
Caves“. Das Gartenhaus mutiert so zum Alltagsort. Durchforstet man die
sozialen Netzwerke wie Instagram oder Pinterest, findet man TrÀume in
zartem Rosa und Weiß – fĂŒr Frauen – oder in Schwarz und Braun – fĂŒr Mïżœ…
Als „She Shed“ bezeichnet man ein umgebautes Gartenhaus, das als Erholungs-
oder Inspirationsdomizil nur fĂŒr Frauen offensteht. Frauen können hier
ungestört von all der MĂ€nnlichkeit einen RĂŒckzugsort kreieren, der laut der
Gartenhaus GmbH nicht zwingend „rosafarbene WĂ€nde mit pastelligen
PlĂŒschkissen“ beinhalten muss. Gleichzeitig ist die „She Shed“ aber schon
mit „verspielter, mĂ€rchenhaft angehauchte Einrichtung denkbar“.
GlĂŒcklicherweise darf die Frau von Welt in diesem auch Homeoffice betreiben
oder vor allem schlafen und sich vom Alltag erholen. Gerade letzteres
scheint besonders wichtig zu sein. Vom Yoga-Studio bis zum NĂ€hzimmer
scheint alles möglich zu sein, sofern die TÀtigkeit nur mit einem
antiquierten Bild von Weiblichkeit in Verbindung gebracht werden kann.
## UngetrĂŒbtes SchrauberglĂŒck
Das GegenstĂŒck dazu bieten die sogenannten „Man Caves“. Hier kann Mann
getrost schrauben, Billard spielen und Alkohol konsumieren. Alles, was
MĂ€nner halt so gern in ihrer Freizeit machen, aber auch hier gilt das
Gebot: Das andere Geschlecht soll bitte draußen bleiben. Das Ganze wird auf
Instagram in harten Farben und mit rustikaler Einrichtung dargestellt. Hier
ein Hirschgeweih an der Wand, dort ein Sporttrikot. Und der Beistelltisch
aus alten Autoreifen darf natĂŒrlich auch nicht fehlen. Bei MĂ€nnern steht
nicht wie in den „She Sheds“ die Erholung vom Alltag im Vordergrund,
sondern der Spaß, den man nur ohne Frauen haben kann. DafĂŒr hat Mann ja den
Billardtisch und seine Jungs.
## Trend zur Geschlechtertrennung
Daniela Moisel gibt allerdings den Hinweis, dass es auch viele Beispiele
fĂŒr Nutzungsmöglichkeiten gibt, die „fĂŒr die Familie und Freunde und nicht
nur dem eigenen Geschlecht offenstehen“. Glaubt man Wohnmagazinen und
sozialen Netzwerken, geht der Trend jedoch zur strikten
Geschlechtertrennung in den GartenhĂ€usern. Schade fĂŒr alle gemischten
Freundeskreise. Man fĂŒhlt sich fast an vermeintlich weit zurĂŒckliegende
Zeiten erinnert, in denen noch „No boys allowed“-Schilder an Kinderzimmern
hingen oder MĂ€dchen und Jungen noch auf unterschiedliche Schulen gehen
mussten. Die Farbgebung der jeweiligen Inneneinrichtung in den
GartenhÀusern weist in jedem Fall wieder auf die
MĂ€dchen-Pink-und-Jungs-Blau-Debatte hin.
Den wahrscheinlich absurdesten Beitrag zum Thema „She Shed“ lieferte die
Online-Ausgabe der Zeitschrift „Brigitte“ mit dem Titel „Diese FrauenhĂ€u…
finden wir klasse“. Wenn man natĂŒrlich „She Sheds“ in diesem Licht
betrachtet, ist es fast schon wieder logisch, dass MĂ€nner dort keinen
Zutritt haben.
25 Aug 2018
## AUTOREN
Florian Maier
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