# taz.de -- Kein Anstieg der Gewalt | |
> Die Straftaten an Bremer Schulen haben in den letzten drei Jahren nicht | |
> zugenommen, sagt der Senat. Die CDU spricht von „mangelnder | |
> Sensibilität“, andere von guter Prävention | |
Bild: An Bremer Schulen werden wenig Körperverletzungen registriert | |
Von Eva Przybyla | |
In den vergangenen drei Jahren gab es keine Zunahme der strafrechtlich | |
relevanten Fälle an Bremer Schulen. Das sagt der Senat in einer Antwort auf | |
eine Kleine Anfrage der CDU. | |
In der Grundschule Robinsbalje im Stadtteil Bremen Huchting bedrohte eine | |
Familie das Schulpersonal. Kurz zuvor war eines ihrer Kinder vom Amt für | |
Soziale Dienste direkt aus dem Klassenzimmer in Obhut genommen worden. Als | |
die Familie randalierte, schritt die Polizei ein. Aufgrund dieses Vorfalls | |
im Mai sowie vermehrter antisemitischer Beleidigungen an Schulen vermutete | |
die CDU einen Anstieg der Gewalt und stellte Anfang Juni eine Kleine | |
Anfrage an die Landesregierung. | |
Doch diese kam nun zu einem anderen Schluss: Insgesamt 40 Mal ermittelte | |
die Polizei in Bremen im vergangenen Jahr überwiegend gegen SchülerInnen, | |
2015 waren es 37 Fälle. Der häufigste Grund waren der polizeilichen | |
Kriminalstatistik zufolge einfache Körperverletzungen. In Bremerhaven ist | |
das Verhältnis ähnlich – bei insgesamt 10 Fällen im Jahr 2017. Gefährliche | |
und schwere Körperverletzung machen weniger als ein Viertel der Fälle aus. | |
Angesichts von über 60.000 SchülerInnen im Bundesland Bremen seien 40 Fälle | |
nicht beunruhigend, sagt Bernd Winkelmann von der Bremer Gewerkschaft | |
Erziehung und Wissenschaft (GEW). „Schulen sind ein Abbild der Gesellschaft | |
– da gibt es nun mal Konflikte.“ Eher überrascht ihn die niedrige Zahl der | |
Straftaten, angesichts des sich verschärfenden gesellschaftlichen Klimas: | |
„Rechtsextreme Meinungen nehmen zu und Vorurteile werden geschürt. In einem | |
solchen Umfeld spitzt sich auch die schulische Stimmung zu.“ | |
Für die Befürchtungen der CDU hat er wenig Verständnis und bezeichnet sie | |
als „Vorwahlkampf“. „In den Schulberichten spielt Gewalt keine Rolle“, … | |
Winkelmann. „Wichtiger ist derzeit, dass wir überhaupt den Schulalltag | |
organisiert bekommen.“ Drängende Probleme seien der Lehrkräftemangel und | |
die Umsetzung der Inklusion. | |
Offenbar sieht das der bildungspolitische Sprecher der Bremer CDU, Thomas | |
vom Bruch, anders. Er wirft dem Senat mangelnde Sensibilität und | |
unzureichendes Wissen über das brutale Klima an Schulen vor. „Der Senat | |
bringt mit seiner Antwort Desinteresse zum Ausdruck“, sagt er. Insbesondere | |
beklagt der CDU-Politiker, dass der Senat besondere Vorkommnisse, also | |
meldepflichtige Vorfälle von sexueller Belästigung oder etwa Bedrohung an | |
Schulen nicht statistisch erfasst habe. So wisse man weder etwas über die | |
wahre Zahl der Vorfälle noch über ihre Ursachen. | |
Das kritisiert zwar auch Kristina Vogt von der Linkspartei, dennoch | |
bewertet sie die gleichbleibenden Fallzahlen positiv. Vor dem Hintergrund | |
wachsender Probleme an Schulen wie etwa traumatisierten SchülerInnen | |
resümiert sie: „Da wirken wohl einige präventive Maßnahmen“. Dennoch | |
fordert die Chefin der Linksfraktion Nachbesserungen und mehr Geld für die | |
Vorbeugung von Straftaten, beispielsweise für mehr VertrauenspolizistInnen | |
an Schulen. So sollten PolizistInnen, die gegen SchülerInnen ermitteln, | |
nicht gleichzeitig ihre Vertrauensperson sein, wie es derzeit häufig der | |
Fall sei. | |
Die sogenannten Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren haben dafür | |
das Vertrauen der SchülerInnen gewonnen. Sie bilden eine neutrale Stelle | |
zwischen Schule und Polizei an den Schulen. Ähnlich positiv bewertet | |
Henning Lueken vom Bremer Kinderschutzbund das Präventionsprogramm | |
„Kindernot braucht Lösungen“: Dort lernen GrundschülerInnen, mithilfe von | |
Rollenspielen und Maskottchen ihre Gefühle auszudrücken und Konflikte zu | |
lösen. | |
Einen Anstieg der Gewalt habe Lueken nicht bemerkt. Jedoch seien Konflikte | |
für die SchülerInnen heute psychisch belastender. Schuld daran seien | |
besonders soziale Medien: „In Gruppenchats tragen sich Konflikte über den | |
Schulschluss hinaus fort und belasten die Betroffenen“, sagt Lueken. | |
21 Aug 2018 | |
## AUTOREN | |
Eva Przybyla | |
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