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# taz.de -- „Ja heißt ja“ tritt in Schweden in Kraft: Nur, wenn er*sie es …
> In Schweden gilt jetzt „Ja heißt ja“. Sex ist nur mit ausdrücklicher
> Zustimmung legal. Eine Konsens-App ist auch schon auf dem Markt.
Bild: Will er*sie es auch? Ist das immer eindeutig klar? Im Zweifel: fragen!
Stockholm taz | „Männer müssen Sex-Genehmigung bei Frauen einholen“,
„Vertragsschluss vor dem Sex“, „Handschlag vor jedem Höhepunkt“, „Sc…
dreht durch“: Am Sonntag ist in Schweden das Gesetz in Kraft getreten, das
vor einigen Monaten in der internationalen Presse mit solchen Schlagzeilen
bedacht wurde. Das „samtyckeslag“, das „Einwilligungsgesetz“. Während …
gesellschaftliche Debatte um die Gesetzesänderung längst abgeebbt ist,
versuchen jetzt die App-Entwickler, daraus Gewinn zu ziehen.
Inzwischen ist das Einwilligungsgesetz den schwedischen Zeitungen nur noch
eine Randbemerkung wert, viel interessanter dürfte für die meisten
LeserInnen am Sonntag gewesen sein, dass der Studienbeitrag nach vielen
Jahren mal wieder aufgestockt wird, oder dass das System der
Kraftfahrzeugsteuer sich ändert.
Bei der Reform des Schwedischen Sexualstrafrechts – in deutschen Medien zum
teil als „radikale Gesetzesverschärfung“ einer „feministisch orientierten
rotgrünen Regierung in Stockholm“ eingeordnet – geht es im Kern um eine
blosse Verdeutlichung. Bisher galt der Grundsatz: „Nein heisst Nein“, jetzt
lautet das Prinzip „Nur ein Ja ist ein Ja“. Oder wie es Ministerpräsident
Stefan Lövfen seinerzeit im Parlament formuliert hat: „Sex soll freiwillig
sein und ist er nicht freiwillig, ist er ungesetzlich.“
Eine Revolution ist das nicht: Der Tatbestand des schwedischen
Vergewaltigungparagraphen war schon vor dem 1. Juli nicht nur bei Gewalt
oder Drohung erfüllt, sondern auch, wenn Alkohol, Drogen, Krankheit oder
ein anderer hilfloser Zustand ausgenutzt wurde, bei dem das Opfer ein
„Nein“ gar nicht erst zum Ausdruck bringen konnte.
## Vertrag per Handy
Aber natürlich sei auch so eine Klarstellung, dass es zur strafrechtlichen
Klassifizierung als Vergewaltigung nicht Gewalt oder Drohungen bedürfe,
bedeutsam, betont Sara Bäckström, Juristin beim RFSU, dem „Reichsverband
für sexuelle Aufklärung“: „Passivität gilt nun prinzipiell nicht mehr als
Zeichen für Freiwilligkeit.“
Weil aber auch in Schweden die Debatte darüber, wie man denn im Falls des
Falles vor Gericht eine Einwilligung zu einer sexuellen Handlung beweisen
solle, für Unsicherheit gesorgt hat, glauben offenbar nun einige findige
Geschäftemacher damit Geld verdienen zu können. Nämlich die Entwickler
[1][der App „Libra“], mit deren Hilfe zwei Personen sich gegenseitig ein
„Abkommen“ für einen „freiwilligen Geschlechtsverkehr“ bestätigen sol…
Dumm nur, dass ein solches „Abkommen“ im Streitfall keinen Beweiswert haben
dürfte. Denn wie will man nachweisen, dass es nicht unter Drohungen
zustande gekommen ist? Man könne auch nicht vorher Zustimmung zu einem
Handlungsverlauf geben, der einem noch unbekannt sei, kritisiert Olivia
Björklund Dahlgren von „Fatta“, einer Organisation, die sich gegen sexuelle
Gewalt engagiert: „Wenn jemand anfänglich Sex haben will, dann aber durch
Wort oder Handlung zum Ausdruck bringt, dass er das nicht mehr möchte, dann
hört damit eben die Einwilligung auf. Dann ist Sex nicht mehr Sex, sondern
ein Übergriff.“
Die fragliche App oder auch jede andere Art von „Vertrag“ habe keine
juristische Bedeutung und schade auch noch dem, was mit dem
„Einwilligungsgesetz“ vor allem erreicht werden solle, meint Dahlgren.
Nämlich zu einer „Einwilligungskultur“ zu kommen: „Eine Kultur und eine
Gesellschaft, in der Freiwilligkeit die Basis für alle mitmenschlichen
Relationen ist.“ Wer eine derartige App entwickle, zeige nur, dass er nicht
daran glaube, dass Menschen Signale lesen und Verantwortung für Sex
übernehmen könnten.
2 Jul 2018
## LINKS
[1] https://appadvice.com/game/app/libra/1387407776
## AUTOREN
Reinhard Wolff
## TAGS
Sexuelle Gewalt
Nein heißt Nein
Schweden
Schwerpunkt #metoo
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