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# taz.de -- Journalist denunziert Künstler: Barış Atay festgenommen
> Der Schauspieler Barış Atay kritisierte auf Twitter die Regierung. Ein
> Journalist macht ihn zur Zielscheibe. Am Tag darauf wird Atay
> festgenommen.
Bild: Barış Atay gerät nicht zum ersten Mal ins Visier der Justiz
Am frühen Mittwochmorgen wurde der Schauspieler Barış Atay in Istanbul
festgenommen. Atays Anwalt Efkan Bolac zufolge werden seinem Mandanten
„Drohungen mit dem Ziel, in der Gesellschaft Angst und Panik hervorzurufen“
vorgeworfen. Dem Vorwurf wurde ein Statement zugrunde gelegt, das Atay vor
zwei Tagen via Twitter gepostet hatte.
Darin steht: „Ihr alle werdet euch unter Tränen entschuldigen. Wenn dieser
Tag kommt, werden wir jene, die vergeben oder Mitleid haben, nicht
vergessen. Sprüche wie ‚Wir sind alle Geschwister, wir wollen nur Frieden‘
werden nicht ziehen. Alles beginnt erst jetzt. Ihr werdet für das, was ihr
diesem Land und seinen Leuten angetan habt, bezahlen.“
Der Hintergrund für diesen Post: Vor vier Jahren, nach dem verheerenden
Grubenunglück in der Stadt Soma, bei dem 301 Menschen starben,
protestierten Tausende gegen Staatspräsident Erdogan, der kurz nach dem
Ereignis die Stadt besuchte. Während dieser Proteste kam es zum Eklat, als
der damalige Berater des Präsidenten, Yusuf Yerkel im Handgemenge mit
Demonstrierenden einen bereits auf dem Boden liegenden Angehörigen trat.
Das Bild ging um die Welt.
Am vierten Jahrestag des Grubenunglücks entschuldigte sich Yerkel
vergangene Woche für sein Verhalten und erntete dafür in den sozialen
Medien Kritik. Unter den Kritiker*innen war Barış Atay, der wie viele
andere verlangte, dass Yerkel sich für seine Tat vor Gericht verantworten
müsse. Allerdings wurde mit dieser Forderung Atay selbst zur Zielscheibe.
Der Journalist Ahmet Hakan schrieb in der Hürriyet einen Artikel über Atay,
in dem er an die oppositionellen Präsidentschaftskandidaten Muharrem İnce
und Meral Akşener appellierte, sich um Unruhestifter wie Atay zu kümmern.
## „Hakan hat bekommen, was er wollte“
Es steht nun die Mutmaßung im Raum, dass die Festnahme Atays mit dem
reißerischen Artikel des Hürriyet-Journalisten Hakan in Verbindung steht.
Vor Kurzem war die Doğan-Mediengruppe, der die Hürriyet angehört, an die
AKP-nahe Demirören Holding verkauft worden, was eine weitere Konzentration
der regierungsnahen Medien zur Folge hat.
Seit dem Putschversuch im Juli 2016 werden in der Türkei vermehrt Menschen
zur Zielscheibe gemacht. Das Denunziantentum wird seither systematisch von
der Regierung forciert. Ahmet Hakan hatte in seinem Artikel geschrieben:
„Jemand muss diesen Mann zurechtweisen.“ Atays Anwalt Efkan Bolac twitterte
nach der Festnahme seines Mandanten: „Hakan hat bekommen, was er wollte.“
Am Mittwochnachmittag verlängerte die Staatsanwaltschaft den
Polizeigewahrsam um 24 Stunden, um die Inhalte auf Atays Telefon zu
analysieren.
Der 1981 in Wilhelmshaven geborene Atay gerät nicht das erste Mal ins
Visier der Justiz. Bekannt für seine regierungskritischen Äußerungen, wurde
der Theaterschaffende während der Gezi-Proteste 2013 kurzzeitig mit der
Begründung festgenommen, seine Stimme ähnele der des Sprechers der linken
Hackergruppe „Redhack“.
Mit seinem [1][Theaterstück „Sadece Diktatör“] („Nur ein Diktator“), …
Anspielung auf den amtierenden Staatspräsidenten, das in der Türkei bereits
verboten ist, hatte er Anfang des Jahres für großes Aufsehen gesorgt, als
er nach dem Spielverbot das Manuskript im Netz veröffentlichte. Kommende
Woche soll Barış Atay sein Stück „Sadece Diktatör“ im Maxim Gorki Theat…
in Berlin aufführen. Derzeit ist unklar, ob es dazu kommt.
Aus dem Türkischen von Canset Içpınar
16 May 2018
## LINKS
[1] https://gazete.taz.de/article/?article=!5485037&searchterm=baris+atay
## AUTOREN
Erk Acarer
## TAGS
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Türkei
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