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# taz.de -- Keine Eiche in Deutsch Evern
> Im Landkreis Lüneburg wird ein Bahnübergang mit Tropenholz saniert.
> Umweltschutzverbände protestieren, doch die Gemeinde erklärt, zum
> geschützten Bongossiholz gebe es keine Alternative
Bild: Noch unberührter Regenwald: (illegaler) Holzeinschlag zerstört weltweit…
Von Leif Gütschow
Seit Montag saniert die Gemeinde Deutsch Evern bei Lüneburg eine Holzbrücke
mit Tropenholz. Die Brücke dient dem Rad- und Fußgängerverkehr als
Bindeglied zwischen den in der Mitte durch eine Bahnstrecke voneinander
getrennten Ortsteilen. Kritik an der Sanierung kommt jedoch von
Umweltschutzverbänden. Die marode gewordene Brücke wurde in den frühen
1980er-Jahren teils aus dem westafrikanischen Tropenholz Bongossi
gefertigt. Bei den Sanierungsarbeiten wird die sehr witterungsfeste aber
durch Übernutzung bedrohte Holzart nun erneut verwendet.
Umweltschützer raten generell vom Kauf und der Nutzung von Bongossi ab, da
der Baum nur langsam wächst und deshalb kaum auf Plantagen angebaut wird.
Bongossi, so schreibt es die Umweltschutzorganisation Greenpeace in einem
Ratgeber, komme meist aus Ländern, in denen es keine nachhaltige
Forstwirtschaft, dafür aber massiven illegalen Holzeinschlag gebe.
Stephanie Buntrock, Gemeindedirektorin von Deutsch Evern, ist sich dessen
bewusst: „Die Verwendung von Tropenholz sehen wir ganz klar problematisch“,
sagte Buntrock der taz. Dennoch gäbe es keine Alternative. Andere
Sanierungsmöglichkeiten seien ins Auge gefasst worden, etwa eine
Konstruktion aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Diese sei jedoch an
logistischen Anforderungen gescheitert: „Dafür hätte es eine Vollsperrung
des Bahnverkehrs zwischen Hamburg und Hannover geben müssen. Das hat uns
die Deutsche Bahn nicht genehmigt,“ so Buntrock.
Für Klaus Schenck von der Organisation Rettet den Regenwald ist das
Vorgehen der Gemeinde fragwürdig. Die Samtgemeinde Ilmenau, zu der Deutsch
Evern gehört, habe seit 1994 eine Mitgliedschaft im Klimabündnis. Deren
Mitglieder verpflichteten sich ausdrücklich, auf Tropenholz aus Raubbau zu
verzichten, so die Umweltorganisation. Aber das habe Deutsch Evern wohl
vergessen. Und: „Wir können nicht erkennen, warum die Verwendung von
Tropenholz angeblich alternativlos sein soll. Die Gemeindeverwaltung hat
das bisher überhaupt nicht erklärt und begründet“, sagt Schenck. Er
verweist auf die heimische Eiche, die in Deutschland schon seit
Jahrhunderten für schwere Konstruktionen wie Holzbrücken eingesetzt werde.
Auch Robinienholz oder andere imprägnierte Hölzer seien denkbar.
Die Gemeindedirektorin widerspricht: „Anderes Holz, etwa Eiche, verfügt
nicht über die nötige hohe Dichte für die Brückenkonstuktion“, so Buntroc…
Auch habe ein Ingenieur empfohlen, das zuvor verwendete Tropenholz wieder
zu nutzen, um die Statik nicht zu gefährden.
Die Brücke wurde 1983 von der Deutschen Bahn für die Gemeinde finanziert.
„Ein unglückliches Geschenk“, sagt Buntrock heute im Rückblick. Die
Leiterin der Gemeindeverwaltung betont aber, dass das Tropenholz aus einem
Abbaugebiet mit dem FSC-Siegel für verantwortungsvoll bewirtschaftete
Wälder komme. Allerdings räumt sie ein, „dass sich das bei Rohstoffen aus
dem Ausland nie ganz zu 100 Prozent kontrollieren lässt.“
FSC steht für Forest Stewardship Council und ist ein seit 1993
international anerkanntes Zertifizierungssystem für Waldwirtschaft.
Unumstritten ist es nicht. Vor Kurzem beendete Greenpeace seine
Mitgliedschaft im FSC. Das FSC-Logo sei zwar das einzige glaubwürdige
Siegel für Waldwirtschaft, doch vor allem in einem Punkt gebe es Kritik:
„Weltweit wollen wir erreichen, dass der Holzeinschlag in Urwäldern ganz
aufhört. Das konnten wir mit dem FSC nicht erreichen“, erklärte
Greenpeace-Waldexperte Christoph Thies.
Klaus Schenck von Rettet den Regenwald sieht das ähnlich: „Wir lehnen das
FSC-Label aus vielen Gründen ab. Dazu gehört insbesondere die
Zertifizierung des industriellen Holzeinschlags in unberührten tropischen
Primärregenwäldern, aus denen auch das Bongossiholz stammt.“ Die
Holzindustrie trete dabei als Türöffner für eine komplette
Regenwaldzerstörung auf. Internationale Holzfirmen, so Schenck, schaffen
durch die Erschließung mittels Straßen, Siedlungen und
Versorgungseinrichtungen erst die nötige Infrastruktur, die Wilderern,
Siedlern, Plantagenfirmen, Goldsuchern und anderen leichten Zugriff auf die
vorher kaum zugänglichen Waldgebiete ermöglicht.
19 Apr 2018
## AUTOREN
Leif Gütschow
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