# taz.de -- das portrait: Marco Kugel filmt das Träumen im Kapitalismus | |
Bild: Regisseur und Kameramann Marco Kugel Foto: privat | |
Marco Kugel isst seit 20 Jahren kein Fleisch. Hätte er eine kleine Tochter, | |
die Lust auf ein Schnitzel hätte, dann würde er ihr trotzdem nicht davon | |
abraten. Aber wenn sie alt genug wäre, 15 Jahre vielleicht, dann würde er | |
sie mit auf einen Schlachthof nehmen. | |
Nicht um Fleisch, sondern um Fußball geht es in dem Film „Die anderen | |
Plätze“ von Marco Kugel und Simon Quack. Sie zeigen darin eine Welt, in der | |
Fußball nichts mit Glamour zu tun hat, sondern mit der Existenzangst | |
arbeitsloser Fußballer. Diese nehmen an einem Trainingscamp für | |
Gescheiterte teil, um wiederentdeckt zu werden. | |
Und die Intention von Kugel ist doch eine ähnliche, ob Fleisch oder | |
Fußball: Er möchte den Träumern eine Wahrheit offenbaren, die zu selten | |
abgebildet wird. Denn nicht jeder, der gut spielen kann, wird einmal zum | |
Star. | |
Mit seinem Film übt Kugel Kritik an der Leistungsgesellschaft, denn sogar | |
Träumen hat für ihn etwas mit dem System zu tun. „Es ist ein Träumen im | |
Kapitalismus. Weil man die Erfüllung nur noch in diesem ‚ganz oben‘ sieht, | |
in diesem ‚all eyes on me‘“, sagt Kugel. „Obwohl Fußball ein | |
Mannschaftssport ist, geht es am Ende nur darum, der zu sein, der das Tor | |
geschossen hat.“ | |
Die Melancholie des Scheiterns stellt Kugel in dem Film auch auf der | |
künstlerischen Ebene dar, zum Beispiel durch Slow-Motion. „Wir haben einen | |
Modus gefunden, in Bildern, wie auch in der Montage und in der | |
Tongestaltung, der das Thema Fußball anders darstellt und dadurch Spannung | |
erzeugt“, sagt Kugel. | |
Seinen ersten Film drehte der 38-Jährige mit Anfang 20. Sprachbilder waren | |
es zuerst, die ihn faszinierten. „Wie es dann letztendlich aber zum | |
Bewegtbild wurde, das war ein Prozess zwischen 15 und 25“, erzählt er. | |
„Irgendwann spürt man dann, wenn man das gefunden hat, was einen kickt.“ | |
Kugel selbst kickt nicht. Er ist auch kein Fan eines Vereins und sogar die | |
Champions League lässt ihn kalt. Vielleicht einer der Gründe, weshalb man | |
in dem Film keine grandiosen Tore zu sehen bekommt. Kugel und Quack wollten | |
zeigen, was um den Platz herum passiert, Minuten vor dem Spiel, aber auch | |
Wochen. Und, dass der große Jubel ausbleiben kann. Monate, Jahre oder ein | |
Leben lang. Cara Westerkamp | |
16 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Cara Westerkamp | |
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