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# taz.de -- Grünen-Landeschefin gibt sich kämpferisch: „Natürlich eckt man…
> Anne Kura ist die neue Chefin der Grünen in Niedersachsen. Sie will die
> Partei wieder kämpferischer machen und mehr diskutieren – auch mit
> Stromriesen.
Bild: Anne Kura beim Landesparteitag der Grünen Niedersachse: Sie ist die neue…
taz: Frau Kura, warum sind Ihnen die Grünen zu kuschelig?
Anne Kura: Also, ich finde kuscheln gar nicht schlecht, aber in der Politik
überzeugt man mit klaren Botschaften und Ideen – und eckt natürlich auch
mal an.
Senden die Grünen in Niedersachsen zu wenig klare Botschaften?
Das war in Regierungszeiten natürlich etwas schwieriger. Das, was
öffentlich wahrgenommen wurde, waren Kompromisse mit der SPD. Die grünen
Positionen, mit denen wir in diese Kompromisse gegangen sind, waren nicht
sichtbar genug, sodass wir nicht mehr genug Profil hatten. Zum Ende haben
wir das besser gemacht, zum Beispiel beim Wassergesetz.
Inwiefern?
Wir Grünen wollten breitere Gewässerrandstreifen, in denen die
Landwirtschaft zum Beispiel nicht düngen darf, um die Nährstoffeinträge in
die Gewässer zu reduzieren. Aber die SPD wollte das nicht. Am Ende gab es
einen Kompromiss, der deutlich unter dem lag, was wir eigentlich für
richtig gehalten hätten.
Hätten Sie es dann nicht lieber lassen sollen?
Etwas zu machen war trotzdem besser als alles zu lassen, wie es ist. Auch
wenn das Wassergesetz am Ende wegen der vorgezogenen Neuwahl gar nicht mehr
gekommen ist.
Ist die Partei schon in der Opposition angekommen?
Ja, auf jeden Fall. Wir haben die 100-Tage-Bilanz der neuen
Regierungskoalition stark kritisiert, auch unseren ehemaligen
Koalitionspartner. Spätestens jetzt wird deutlich, dass wir Grünen die
progressive Kraft der Regierung waren. Themen wie der Klimaschutz fallen
jetzt hinten runter.
Wie wollen Sie die Grünen kämpferischer machen?
In dem wir wieder mehr debattieren. Das haben wir auf dem letzten Parteitag
schon ganz gut hinbekommen. Da haben wir zum Beispiel beim Thema
Digitalisierung sehr offen diskutiert. Die Arbeitswelt wird sich stark
verändern. Wir haben deshalb darüber gesprochen, wie sich die sozialen
Sicherungssysteme verändern müssen – zum Beispiel mit Modellen der
Grundsicherung oder dem bedingungslosen Grundeinkommen.
Sind die Grünen dafür?
Das haben wir noch nicht ausdiskutiert.
Was wollen Sie anders machen als Ihre Vorgängerin Meta Janssen-Kucz?
Wir gehören unterschiedlichen Generationen an und sind auch andere Typen.
Außerdem sind wir in der Opposition jetzt in einer neuen Rolle: Mir ist
wichtig, dass wir unsere Themen stärker regional ausrichten und uns besser
vernetzen. Bei Fragen, bei denen wir noch keine abschließende Meinung
haben, sollten wir uns noch mehr Zeit nehmen, inhaltlich kontrovers zu
diskutieren – auch mit anderen. Wir müssen dahin gehen, wo es uns weh tut,
und auch mit Energieunternehmen und Autokonzernen das Gespräch suchen.
Warum haben Sie sich für den Posten beworben?
Weil ich große Lust habe, mehr in der Landespolitik zu machen. Gerade gibt
es eine große Dynamik in der Partei. Wir haben sehr viele Neueintritte.
Sind 350 neue Mitglieder viel?
Es geht insgesamt auf die 7.000 zu. So viele Mitglieder hatten wir noch
nie. Und die Leute werden aktiver. Das ist der Aufbruch, den ich merke. Und
den möchte ich fördern.
Sie wurden schon häufiger für Posten und Listenplätze gehandelt. Warum
haben Sie bisher immer abgelehnt?
Es war für mich einfach noch nicht der richtige Zeitpunkt. Es ist gut, sich
selbst die Zeit zu nehmen, um die eigenen Positionen zu klären.
Als Landtagsabgeordnete hätten Sie größere Möglichkeiten, die Politik
mitzubestimmen.
Mir liegt die Arbeit in der Partei sehr am Herzen. Ich mag es gern, mit den
unterschiedlichen Leuten aus den Kreisverbänden eng zusammenzuarbeiten.
Wie sind Sie zur Politik gekommen?
Für mich war es immer selbstverständlich, sich vor Ort einzubringen. Schon
als Kind war mir besonders der Naturschutz wichtig. In den Wiesen neben dem
Fluss, in denen ich als Kind immer mit Freundinnen gespielt habe, sollte
eine Straße gebaut werden. Für die Demo dagegen habe ich mein erstes
Transparent gemalt, mit gelben Enten.
Wann haben Sie bei den Grünen angefangen?
Als ich zum Studieren nach Osnabrück gegangen bin, habe ich dort die grüne
Hochschulgruppe mitgegründet. Das war zur Zeit der Studiengebührenproteste.
Dann kam der Landtagswahlkampf 2007/2008 und ich bin in den grünen
Stadtverband eingetreten, um den Wahlkampf zu unterstützen.
Welches Thema bewegt Sie? Die Schnittstelle zwischen Ökologie und
Gerechtigkeit. Man kann das eine nicht ohne das andere betrachten. Zum
Beispiel saubere Luft und Lärm: Menschen, die es sich nicht leisten können,
in einer ruhigen Seitenstraße zu wohnen oder in ein Wochenendhaus zu
fahren, müssen oft an den besonders belasteten Hauptstraßen leben. Falls es
zu Fahrverboten käme, sind das aber auch genau die, die sich nicht sofort
ein neues emissionsarmes Auto leisten können.
Was müsste sich ändern?
Die schlechte Luft trifft die Schwächsten. Kinder, Kranke und alte Menschen
sind besonders anfällig. Softwareupdates und Hardwarenachrüstungen auf
Kosten der Hersteller können da nur der erste Schritt sein. Wir brauchen
eine grundsätzliche Mobilitätswende, indem wir die Alternativen gegenüber
dem Autoverkehr stärken. Natürlich ist diese Position unangenehm, weil die
Leute das Gefühl bekommen, dass man ihnen etwas wegnimmt. Aber genau das
meine ich mit anecken und klaren Botschaften: Gerecht ist nur, wenn alle
saubere Luft haben.
Fahren Sie Auto?
Ich habe kein Auto, fahre viel Rad und benutze öffentliche Verkehrsmittel.
Das geht gut, weil ich in einer Stadt wohne, in der sie gut ausgebaut sind.
Was machen Sie noch, um die Umwelt zu schonen?
Mein Smartphone hat einen herausnehmbaren Akku. Bei Elektrogeräten ist es
wichtig, dass sie repariert werden können, um Ressourcen zu sparen. Diese
Frage sollte aber nicht auf VerbraucherInnen abgewälzt werden. Ich setze
mich für gesetzliche Standards ein, damit Umweltschutz keine Frage des
Lebensstils ist.
16 Mar 2018
## AUTOREN
Andrea Scharpen
## TAGS
Grüne Niedersachsen
Landespolitik
Niedersachsen
taz.leicht
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