# taz.de -- Schadstoffbelastung in Legosteinen: Wo ist der grüne Klotz? | |
> Laut einer Studie sind alte Lego-Bausteine mit Kadmium belastet. Der | |
> Spielzeugkonzern sucht derweil nach einem Weg, auf Naturrohstoffe | |
> umzustellen. | |
Bild: Mit Kadmium belastet? Lego wird seit 60 Jahren immer bunter | |
Ein rechteckiger Kunststoffbaustein mit acht Noppen auf der Oberseite und 3 | |
Zapfen im nach unten offenen hohlen Innenraum: So sah er aus, der | |
Ur-Legostein. Das königlich-dänische Patentamt bestätigte dem Kopenhagener | |
Godtfred Kirk Christiansen am 28. Januar 1958, den Patentantrag für ein | |
„Spielzeugbauelement“ eingereicht zu haben. Sechzig Jahre später gibt es | |
über 3.700 verschiedene Bauelemente. | |
Legosteine seit Mitte der 1960er Jahre lassen sich mit denen von heute | |
verbauen, oft werden sie von Generation zu Generation weitergegeben. Also | |
alles wunderbar nachhaltig und umweltfreundlich? Daran weckt eine von dem | |
Umweltwissenschaftler und Biochemiker Andrew Turner von der Universität | |
Plymouth geleitete Studie Zweifel. | |
In der wurden rund 200 ältere Spielsachen von einer Größe, die Kinder in | |
den Mund nehmen und womöglich verschlucken können, auf die Abgabe | |
gesundheitsgefährdender Stoffe in einem dem menschlichen Magen | |
vergleichbaren Milieu untersucht. Vor allem vier Jahrzehnte alte | |
Legobausteine fielen [1][wegen besonders hoher Schadstoffbelastung] aus dem | |
Rahmen. Sie entstammten der ersten Generation von Klötzen, die aus | |
„Acrylnitril-Butadien-Styrol“ (ABS) produziert worden waren, einem bis | |
heute verwendeten Kunststoff. | |
Dieses besonders stabile Plastikmaterial, das auch für viele | |
Haushaltsgegenstände gebräuchlich ist, trat an die Stelle von | |
Cellulose-Acetat, aus dem die dänische Spielzeugfirma bis Anfang der 1960er | |
Jahre ihre Lego-Steine hergestellt hatte. ABS galt wegen besserer | |
Stabilität, Passgenauigkeit und Stoßfestigkeit, aber auch wegen seiner | |
guten Farbbeständigkeit als überlegen. | |
Die zunächst zusammen mit ABS verwendeten Farben bezeichnet Turner jetzt | |
aber als großen Fehler. Für gelbe und rote Klötze wurden Farbstoffe mit | |
einem Cadmiumanteil verwendet, der weit über allen mittlerweile geltenden | |
EU-Grenzwerten liegt. Bausteine anderer Farben sind nicht betroffen. Die | |
Studie warnt: „Verbraucher sollten sich im Klaren sein, dass solche alten | |
Plastikprodukte, die in den Mund genommen werden können, eine Quelle für | |
die Exposition von für Kleinkinder gefährlichen Stoffen sein können.“ | |
## Lego gibt bedingt Entwarnung | |
Gegenüber der britischen BBC ergänzte Andrew Watterson, Medizinprofessor an | |
der Universität Stirling, das in der EU in Schmuckgegenständen seit 2011 | |
ganz verbotene Cadmium sei krebserregend, es solle deshalb möglichst | |
jegliche Aufnahme vermieden werden. | |
Lego reagierte auf die Ende Januar veröffentlichte Studie und gab nach | |
eigenen Untersuchungen Entwarnung, allerdings nur bedingt. Die fraglichen | |
Farben seien ab 1981 nicht mehr verwendet worden, für Kinder unter drei | |
Jahren sollten Lego-Steine sowieso grundsätzlich nicht zugänglich sein, so | |
Pressechef Roar Rude Trangbæk. Außerdem habe man schon immer empfohlen, | |
beschädigte, abgeschabte oder angebrochene Klötze wegzuwerfen. | |
Unbeschädigte Legosteine halte man auch nach mehr als 40 Jahre für | |
unbedenklich. | |
Claus Jørgensen von der dänischen Verbraucherorganisation Tænk ist | |
vorsichtiger: „Wir empfehlen, altes Spielzeug ganz von Kleinkindern | |
fernzuhalten. Wir sind ja im Laufe der Zeit klüger geworden, deshalb sind | |
die Grenzwerte ständig verschärft worden.“ Lego trage auch für seine | |
jahrzehntealten Produkte Verantwortung und müsse die Öffentlichkeit von | |
sich aus informieren, wenn Produkte heute als giftig eingestuft würden. | |
Rund 55 Milliarden Bausteine produziert Lego jährlich. An einer neuen | |
Generation von Klötzen, die keine gesundheitlich bedenklichen Chemikalien | |
mehr enthalten sollen und nachhaltig und mit einem möglichst geringen | |
Erdölanteil produziert werden, arbeiten mehr als 100 ExpertInnen seit | |
Jahren im speziellen Sustainable Materials Centre. | |
Getestet werden Rohmaterialien aus Getreide, Mais und Zucker. „Prototypen | |
auf Weizengrundlage sind recht vielversprechend“, berichtete Tim Brooks, | |
Vizepräsident des Entwicklungszentrums, kürzlich: „Aber das Aussehen | |
entspricht noch nicht ganz unserem Standard.“ In spätestens zehn Jahren | |
soll das „Zukunftslego“ auf dem Markt sein. Natürlich möglichst haargenau | |
kompatibel mit den Altklötzen. | |
12 Feb 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://pubs.acs.org/doi/pdf/10.1021/acs.est.7b04685 | |
## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
## TAGS | |
Lego | |
Spielzeug | |
Medizin | |
Lego | |
Lego | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Nachhaltiges Plastik: Lego bald erdölfrei? | |
Der dänische Spielzeughersteller will „klimaneutral“ werden. Doch | |
umwelfreundlicher Plastikersatz ist gar nicht so einfach zu finden. | |
Spielzeug im Kot: Das muss man erstmal schlucken | |
ÄrztInnen essen zum Wohle der Wissenschaft Legomännchen – aber da geht noch | |
mehr! Ein Plädoyer für den Selbstversuch. | |
Die Wahrheit: Lego auf dem Land | |
Ein Blick in die Verkaufszahlen deutscher Magazine offenbart Erstaunliches: | |
Thermomix-Magazine schmieren ab, Lego-News liegen im Trend. | |
Legofiguren von Nasa-Mitarbeiterinnen: Ein kleiner Schritt für den Feminismus | |
… und ein großer für Lego. Der Spielwarenhersteller bringt 2018 das | |
Figuren-Set „Frauen der Nasa“ auf den Markt. Die Idee hatte die | |
Journalistin Maia Weinstock. |