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# taz.de -- Umweltverschmutzung in Indien: Drecksbrühe in Flammen
> Ein Symptom für die Abwasserprobleme des Landes: Der mit Chemikalien und
> Müll belastete Lake Bellandur in Indien brennt wieder.
Bild: Entsorgte Chemikalien in Flammen? Rauchschwaden über dem Lake Bellandur
Bangalore taz | Die ersten Anwohner bemerken die dicke weiße Rauchsäule
gegen 15.30 Uhr und alarmieren die Feuerwehr. Am Donnerstagnachmittag
brennt der Lake Bellandur – mal wieder. Zum zweiten Mal innerhalb von zwei
Wochen hat der See im Südosten der indischen Millionenstadt Feuer gefangen.
Aktivisten machen die Verschmutzung des Sees für die Brände verantwortlich.
Und so erlangt am Donnerstag das Gewässer erneut traurige Berühmtheit. Der
See steht beispielhaft für das Umweltfiasko, das Bangalore und andere
indische Großstädte plagt.
Der Bellandursee wird seit Jahren durch private und industrielle Abfälle
verpestet. 500 Millionen Liter ungeklärte Abwässer fließen jeden Tag in das
größte Gewässer Bangalores. An den Abflüssen bilden sich wegen des hohen
Phosphorgehalts des Wassers häufig riesige Schaumfelder. Die Bilder der
weiß gefärbten Seeoberfläche fanden immer wieder ihren Weg in die Medien.
Der Schaum weht gelegentlich sogar bis in die nahegelegenen
Apartmentkomplexe, die zum Teil ebenfalls zur Verschmutzung des Sees
beitragen. Die Abwässer vieler Siedlungen in der Umgebung fließen
ungefiltert in den See. Und auch der Müll der Umgebung landet hier. Lake
Bellandur ist der tief gelegene Endpunkt eines Gewässersystems, das 46 Seen
im Großraum Bangalore umfasst. Eine toxische Kombination.
„Jeder Müll, der in der Gegend entsorgt wird, landet irgendwann hier“, sagt
Nagesh Aras der taz, kurz nachdem der Brand am Abend gelöscht ist. Der
Großraum Bangalore habe 12 Millionen Einwohner, aber immer noch kein
funktionierendes Müllentsorgungssystem. „Deshalb versuchen die Menschen
verzweifelt, ihre Abfälle irgendwo loszuwerden.“
Aras ist ein gefragter Gesprächspartner, wenn der Bellandursee mal wieder
in den Nachrichten ist. Der IT-Berater wohnt in der unmittelbaren Umgebung
und engagiert sich seit Jahren gegen die Verschmutzung des Sees. „Die
Anwohner hier klagen über Atemprobleme, an den Ufern herrscht oft ein
fauliger Gestank“, berichtet Aras.
## Chemikalien könnten Feuer gefangen haben
Neben den Haushaltsabwässern und dem Müll vermuten die Anwohner auch
Chemikalien im See, die Industriebetriebe der Umgebung dort entsorgen.
„Diese Chemikalien könnten Feuer gefangen haben“, sagt Aras, stellt aber
klar, dass dies nur eine mögliche Ursache für die Brände sei. Genaueres
könne man ohne forensische Tests nicht beweisen. Und die Behörden würden
nichts Ernsthaftes unternehmen, um herauszufinden, wie es zu den Feuern
kommt.
Die Umweltprobleme hängen auch mit der Überbevölkerung in Bangalore
zusammen. Zwischen 2001 und 2011 hat sich die Bevölkerungsdichte laut
Behördendaten verdoppelt. Die Ufer des Sees sind zum Teil dicht besiedelt,
und nur größere Wohnkomplexe verfügen über eigene Kläranlagen. Die
restlichen Haushalte leiten ihre Abwässer in den See.
Ein Problem, das nicht nur Bangalore kennt. Ganz Indien leidet unter der
Wasserverschmutzung. Bilder des vermüllten Ganges gehen regelmäßig um die
Welt. Die Probleme gleichen sich vielerorts. Kein Abwassersystem, nur
wenige funktionsfähige Klärwerke, Industrieabfälle – 80 Prozent des
Oberflächenwassers Indiens waren laut einem Bericht der
Umweltschutzorganisation Wateraid in Jahr 2015 verseucht.
## Keine dauerhafte Lösung
Eine Studie der Lancet Commission on Pollution and Health aus dem
vergangenen Jahr kommt zu dem Schluss, dass 2015 etwa 1,1 Million Menschen
in Indien an Krankheiten gestorben sind, die durch vergiftetes Wasser
verursacht wurden. Regierung und Kommunen bekommen die Wasserverschmutzung
offenbar nicht in den Griff.
Zumindest in Bangalore ist eine Besserung der Lage in Sicht. Die nationale
Umweltbehörde hat Anfang der Woche angeordnet, dass 99 Apartementkomplexe
rund um den Bellandursee mit Kläranlagen ausgestattet werden müssen. Das
könnte die Situation entschärfen – eine dauerhafte Lösung zeichnet sich
aber nicht ab.
Um den See nachhaltig zu entgiften, müssten Millionen Tonnen kontaminierter
Schlamm abgetragen werden. Und dann ergäbe sich noch die Frage, wo dieser
dann entsorgt werden soll. Trotz aller Hindernisse hofft Nagesh Aras, dass
die Stadtverwaltung sich des Problems annimmt, „bevor es für einige von uns
zu spät ist“.
9 Feb 2018
## AUTOREN
Jörg Wimalasena
## TAGS
Indien
Umweltverschmutzung
Wasser
Schwerpunkt Fridays For Future
Indien
Grundwasser
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