# taz.de -- Ein Korridor bis ans Mittelmeer | |
> Der Iran weitet seinen Einfluss in der Region aus. Doch das stößt jetzt | |
> auf Kritik von Demonstranten | |
Von Beate Seel | |
Qasem Suleimani ist ein sehr umtriebiger Mann. Der im Jahr 1957 geborene | |
iranische General leitet seit 1998 die Al-Quds-Brigaden, die | |
Auslandseinheiten der Revolutionsgardisten. Deren Name ist das arabische | |
Wort für Jerusalem. Das Time-Magazin nahm Suleimani gar in seine Liste der | |
100 einflussreichsten Personen im Jahr 2017 auf. | |
Suleimanis Name ist verbunden mit der Ausdehnung des iranischen Einflusses | |
in der Region. Im Irak unterstützte er den Aufbau schiitischer Milizen – | |
finanziell, mit Ausbildern und mit Waffen. Er ließ sich gern an der Front | |
ablichten und postete Selfies. | |
In Syrien sprang Suleimani Präsident Baschar al-Assad, einem Alawiten, zur | |
Seite, als dieser im Jahr 2012 mit seinem Sturz rechnen musste. Im Iran war | |
Suleimani damals sehr populär. Es hat den Anschein, als spielten die | |
Revolutionsgardisten in der iranischen Außenpolitik eine wichtige Rolle. | |
Als Beweis dafür kann man die Tatsache werten, dass Ende März 2015 ein | |
iranischer General auf den syrischen Golanhöhen getötet wurde, als die | |
israelische Luftwaffe einen Konvoi von Hisbollah bombardierte. | |
Insofern ist Suleimani der Stratege der Ausweitung des iranischen | |
Einflusses in der Region ist. Abgesehen von der palästinensischen Hamas im | |
Gaza-Streifen und der libanesischen Hisbollah, die schon lange von Teheran | |
unterstützt werden, sind proiranische Kräfte heute also auch im Irak und | |
Syrien präsent. | |
Und im Jemen, im Süden der Arabischen Halbinsel gelegen, herrscht Krieg | |
zwischen einer von Saudi-Arabien angeführten Militärkoalition, die | |
schiitische Huthi-Rebellen bombardiert. Diesen wird nachgesagt, | |
Unterstützung aus dem Iran wie zum Beispiel Waffenlieferungen zu erhalten. | |
Hintergrund ist ein Konkurrenzkampf zwischen Saudi-Arabien und dem Iran um | |
die Führungsrolle in der Region. | |
Mit der Ausweitung des eigenen Einflusses in anderen Ländern der Region | |
wird in Teheran nicht hinter dem Berg gehalten. In den staatlichen Medien | |
wird inzwischen ganz offen berichtet, worum es geht, nämlich darum, einen | |
„Landkorridor des Widerstandes“ zu bilden, der dem Iran einen Landweg an | |
das Mittelmeer und in die libanesische Hauptstadt Beirut verschafft. Von | |
dort ist es nicht mehr weit bis zur israelischen Grenze. Wie Javan, die | |
Zeitung der iranischen Revolutionsgardisten, kürzlich schrieb, sei das eine | |
„bemerkenswerte Tatsache in der tausendjährigen Geschichte des Iran“. | |
Angesichts der iranisch-saudischen Rivalität ist das keine gute Perspektive | |
für den Libanon, wo die saudische Führung kürzlich Regierungschef Saad | |
Hariri unter bis heute unklaren Umständen vorübergehend festsetzte. | |
Ungeachtet der politischen Parolen der Regierung in Teheran interessieren | |
sich weite Teile der iranischen Bevölkerung jedoch nicht für Israel oder | |
die regionale Rolle ihres Landes. Sie haben mit einem starken Preisanstieg | |
und hoher Arbeitslosigkeit zu kämpfen. Bei den derzeitigen Demonstrationen | |
stellen sie jedoch durchaus eine Verbindung zwischen den Auslandseinsätzen | |
ihres Landes und der eigenen wirtschaftlichen Misere her. | |
So riefen Beteiligte in mehreren iranischen Städten: „Nicht Palästina, | |
nicht Libanon, Iran!“. Eine andere Parole lautete: „Verlasst Syrien und | |
denkt an uns!“ Auch Qasem Suleimani wurde nicht vergessen: In der | |
südiranischen Stadt Schiras rissen Protestierende ein Plakat mit seinem | |
Konterfei ab. | |
2 Jan 2018 | |
## AUTOREN | |
Beate Seel | |
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