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# taz.de -- Wirbelnder Netzwerker
> Ein Nachrufauf den Berliner Kurator Christos M. Joachimides
Von Renata Stih
Er war charismatischer Weltbürger und Erfinder der Großausstellung:
Christos M. Joachimides machte Westberlin in den 1980ern zum Mekka der
internationalen Kunstwelt. Nach einem Studium der Kunstgeschichte und
Kultursoziologie in Heidelberg stürzte er sich von Westberlin aus in die
kulturpolitischen Debatten, propagierte Kunst und Aktionen im öffentlichen
Raum, exemplarisch im Engagement für Joseph Beuys.Um 1980 richtet sich sein
Interesse auf die neue, neoexpressive Malerei. Mit Norman Rosenthal,
Ausstellungsleiter der Royal Academy, konzipierte er 1981 „A New Spirit in
Painting“, womit er den Kunsttrend vorgab, der die 90er Jahre bestimmen
sollte. Konzeptkunst war out, Malerei in, und der internationale
Kunsthandel sah sich beflügelt.
Es folgte 1982 die „Zeitgeist“-Ausstellung im Martin-Gropius-Bau, den er
zu einem zentralen Ausstellungsort Berlins machte. Zur Eröffnungsfeier
reiste der internationale Kunstjetset an. Tausende strömten in
Designerklamotten in den Gropius-Bau, zu einer so noch nie dagewesenen
Darbietung an großformatiger Malerei und Skulptur. Mit dem Sektglas in der
Hand blickten sie auf die frisch gemalten Riesenformate von Anselm Kiefer
oder Rainer Fetting, bevor ihr Blick durchs Fenster über Mauer und
Todesstreifen gen Osten schweifte. Die teilnehmenden Künstler, fast
ausschließlich männlich, profitierten von Christos’ weltumspannendem
Netzwerk: Die Neuen Wilden, wie Rainer Fetting und Salomé, zudem Georg
Baselitz, Jörg Immendorff, Anselm Kiefer, Bernd Koberling, Julian Schnabel
– zahlreiche Künstler verdanken ihm ihre Karrieren und Galeristen ihre
blendenden Umsätze.
Fortan wirbelte Joachimides zwischen den Metropolen. In Stuttgart und
London machte er „Deutsche Kunst im 20. Jahrhundert“ und mit seiner
„Zeitgeist-Gesellschaft zur Förderung der Künste in Berlin“ organisierte …
„Metropolis“, besonders aber die Ausstellung „Amerikanische Kunst des
Zwanzigsten Jahrhunderts“, die, was Kosten und kostbare Leihgaben betraf,
neue Maßstäbe setzte. US-Präsident Bill Clinton dankte ihm mit einem
persönlichen Brief für seinen Einsatz für die US- Kunst.
Zuletzt war es still geworden um den kritischen, politisch stets
informierten, dabei amüsant und temperamentvollen Intellektuellen. Nach
Athen zurückgekehrt, war er gerade dabei, seine umfangreiche Bibliothek als
Nachlass für die dortige Kunsthochschule einzurichten. Die Einweihung im
Frühjahr wird er leider nicht mehr erleben. Am 11. Dezember verstarb
Christos M. Joachimides im Alter von 85 Jahren in Athen.
14 Dec 2017
## AUTOREN
Renata Stih
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