# taz.de -- Sarah Wiener Die Zutat: Putzt sie mit Mehl | |
Der Superstar unter allen Pilzen weltweit ist der Champignon, auch Egerling | |
genannt. Er wurde um Mitte des 17. Jahrhunderts durch Zufall in Frankreich | |
entdeckt und seither stetig kultiviert. | |
Es gibt kaum Menschen, die Champignons und ihren leicht nussigen Geschmack | |
nicht mögen. Ich selbst liebe es, frische junge Egerlinge mit geschlossenen | |
Köpfen zu zerteilen. Die feste und doch elastische Konsistenz ist einmalig | |
und verführt jeden Koch, sich ihrer anzunehmen. | |
Je frischer die Pilze verarbeitet werden, desto mehr Inhaltsstoffe haben | |
sie und desto besser schmecken sie. Champignons enthalten nur 24 Kalorien | |
pro 100 Gramm, viele Mineralstoffe und besonders viel Vitamin B – aber so | |
gut wie kein Fett. Trotzdem sind sie durch ihr reichhaltiges Eiweiß | |
schwerer verdaulich, als der Wasseranteil von 90 Prozent vermuten lässt. | |
Jeder kennt das Völlegefühl, wenn man es mit der Pilzpfanne übertreibt. | |
Wie alle Pilze sollte man Champignons nicht mit Wasser putzen. Sonst saugen | |
sie sich schnell voll, werden glitschig und verlieren an Geschmack. Bei | |
starker Verschmutzung kann man die Pilze in ein Tuch mit etwas Mehl | |
einschlagen und das Mehl wie ein Schmirgelpapier nutzen. Sie sollten auch | |
nicht neben Käse und anderen stark riechenden Lebensmitteln im Kühlschrank | |
gelagert werden, weil sie schnell deren Geruch annehmen können. | |
Ich bin in Wien mit „bochenen Champignons“ (gebackenen Champignons) | |
aufgewachsen. Dabei wird der Pilz hintereinander in Mehl, Ei und | |
Semmelbröseln gewälzt, wie ein Wiener Schnitzel. Die Brösel kann man auch | |
durch Kürbiskerne oder Sesam ersetzen. Dazu passt klassisch eine Sauce | |
tartare oder, ungewöhnlicher, Knoblauchschmand oder eine rote scharfe | |
Tomatenchilisauce. | |
In Essigsud und Rotwein oder Öl eingelegt kann man Champignons monatelang | |
haltbar machen. Sehr fein geschnitten eignen sie sich als Braten-, Knödel- | |
oder Strudelfüllung. Die Riesenchampignons der Sorte „Portobello“ sind | |
ihrerseits eine köstliche Verpackung für diverse Füllungen, von Kartoffeln | |
bis zur Kürbiscreme. | |
Persönlich mag ich Pilzgulyás mit Semmelknödeln besonders gern. Dazu macht | |
man ein Gulasch aus Champignons statt Fleisch, mit viel Zwiebel, gemahlener | |
Paprika, etwas Zitronenzeste, ein wenig Majoran und Kümmel. Am Schluss | |
kommen ein kräftiger Schuss Sahne und etwas Wasser hinzu, bis eine sämige | |
Sauce entsteht. Ein Pilzgulyás kann man übrigens auch gut am nächsten Tag | |
essen; man sollte es beim Aufwärmen nur mindestens auf 70 Grad erhitzen. | |
Champignons sind übrigens die einzigen Pilze, die man auch roh essen kann; | |
etwa mit etwas Zitronensaft, Kräutern und einem Schluck Olivenöl. Ein | |
Gedicht! | |
16 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Sarah Wiener | |
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