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# taz.de -- Hamburger Filmfestival für Newcomer: Zeigt her eure Talente
> Auf dem Festival „Abgedreht!“ zeigen junge Filmtalente im Hamburger Kino
> Metropolis ihre Debüts.
Bild: Führer für den Arsch: In dieser Szene aus Sandra Schröders „Po-pulis…
Hamburg taz | Was bringt Talent, wenn keiner es sieht? Reichlich wenig,
fanden auch die Erfinder des Filmfestivals „Abgedreht!“. Das wurde 1988
gegründet und bietet ein Forum für junge Filmemacher*innen und deren
Debüts. Auch bekannte Regisseure wie Fatih Akin und Özgür Yildrim haben
dort ihre frühsten Werke gezeigt.
Die verschiedenen Hochschulen und Filmstudiengänge der Stadt reichen die
besten Semesterarbeiten ein und viele junge Talente hoffen, dass ihre
Arbeiten gezeigt werden. Ein Team von Filmschaffenden und Medienpädagogen
hat von den 150 Kurzfilmen, die in diesem Jahr eingereicht wurden, 43
ausgewählt, die heute und morgen ab 10:30 Uhr in sechs Programmblöcken im
Metropolis gezeigt werden. Der kürzeste Film ist 60 Sekunden lang, der
längste 21 Minuten. Eine Jury vergibt vier Preise und das Publikum einen
weiteren.
„Der Po-pulist“ von Sandra Schröder ist eine Semesterarbeit von der Hamburg
Media School. Die Aufgabe bestand darin, einen etwa fünf Minuten langen
Film in Schwarzweiß und ohne Dialog zu inszenieren. Das Ergebnis ist, wie
der Titel bereits andeutet, eine drastische Satire: Sandra Schröder selber
nennt es „eine Mischung aus Fäkalhumor und Gesellschaftskritik“.
Der Film spielt in einer faschistischen Zukunft, in der die Menschen in
Uniformen herumlaufen, ständig voreinander strammstehen und überall Bilder
vom allmächtigen Herrscher hängen. Die Assoziationen werden überdeutlich,
wenn eine Sekretärin eine Fliege totschlägt, deren Leiche einen Fleck wie
ein Hitlerbärtchen auf einem der Herrscher-Plakate hinterlässt. Die
Sekretärin wandert dafür ins Kittchen, aber auch ihr autoritärer Überwacher
gerät in Schwierigkeiten, als er auf der Toilette kein Klopapier mehr
findet und sich in seiner Not mit einem Bild des Führers abwischt.
Zwischen- oder besser Grautöne gibt es in diesem Film nicht: Sandra
Schröder springt dem Publikum mit ihrer Botschaft direkt ins Gesicht. Dabei
ist der Film nicht ohne Charme, gerade weil die Figuren so extrem
simplifizierte Karikaturen sind. Dass sie dennoch eine beeindruckende
Präsenz haben, zeigt, dass Sandra Schröder eine talentierte Regisseurin
ist, der es gelungen ist, bekannte Darsteller wie Max Herbrechter und Katja
Studt davon zu überzeugen, die Hauptrollen zu spielen. Schröder wollte nach
eigener Aussage „eine Diktatur dekonstruieren“. Das mag ein wenig hoch
gegriffen sein, aber als Talentprobe ist „Der Po-pulist“ (englisch „The
Poo-pulist“) gelungen.
Einer der jüngsten Filmemacher des Festivals ist der 16-jährige Jan
Fuduric. Und er hat seinen elf Minuten langen Film „Escape“ extra fürs
„Abgedreht“-Festival produziert. Seit er zwölf Jahre alt ist, macht er
Filme. Im vergangenen Jahr hatte er zusammen mit seiner Schulklasse einen
Film eingereicht, der aber dann nicht ausgewählt wurde. Danach packte ihn
der Ehrgeiz und nun hat er einen für sein Alter erstaunlich komplexen und
stimmig inszenierten Film gemacht. Seine beiden Grundideen dabei waren,
einen Film über Flüchtlinge zu machen und, wie er sagt: „aus einem Buch
eine Welt aufsteigen zu lassen.“
Ein kleiner Junge, den Fuduric aus der Nachbarschaft kennt, liest nachts in
einem dicken Buch. Aus dessen Seiten steigen gezeichnete Geschichten aus
bedrucktem Papier auf. Sie erzählen von einer Mutter mit ihrem Baby, die
einen Bombenangriff in Syrien erleben und von einem 12-jährigen Jungen, der
versucht, über das Meer nach Europa zu fliehen.
Diese Sequenzen hat Jan Fuduric animiert, indem er die auf bedrucktem
Papier gezeichneten Figuren von unten her zwischen den Buchseiten hin und
her bewegt, sie mit einem Fön anbläst oder in Wasser langsam niedersinken
lässt. Fuduric ist Autodidakt, der das Filmemachen durch Youtube-Tutorials
gelernt hat. Sein Budget betrug sechs Euro: vier für das Buch vom Flohmarkt
und zwei für Buntstifte. Wenn solche Filme nicht per Zufall Youtube-Hits
werden, bleiben sie meist unentdeckt. Beim „Abgedreht!“-Festival gibt es
eine Bühne für Talente wie Jan Fuduric.
14 Dec 2017
## AUTOREN
Wilfried Hippen
## TAGS
Fatih Akin
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