| # taz.de -- Kommentar Aus für Kevin Spacey: Das Leben ist kein Groschenroman | |
| > Die Empörung über die sexuellen Übergriffe des Schauspielers paart sich | |
| > mit Lüsternheit. So reproduziert sie das, was sie verurteilen will. | |
| Bild: Auch wenn sich unter der eleganten Obefläche Abgründe auftun: Kein Grun… | |
| Was macht Bösewichte wie Präsident Frank Underwood in der US-Serie „House | |
| of Cards“ so interessant? Sind es ihre Missetaten, das von ihnen in Szene | |
| gesetzte Verhältnis zwischen Wirklichkeit und Fiktion oder ist es die | |
| Schamlosigkeit, mit der Kevin Spacey als Frank Underwood aus seiner Rolle | |
| tritt und seine nächste Schandtat erläutert? | |
| Mit scheinbar gewissenlosem Vorsatz spielt er einen Schurken, der alle | |
| Grenzen übertritt. Der Zweck scheint die Mittel zu heiligen. Wie wirkt | |
| diese Inszenierung auf das zeitgenössische Verständnis von Politik? Der | |
| Bösewicht spielt mit normativen Erwartungen an die Politik und mit ihrer | |
| Desillusionierung. Wer sich erhöht, der wird erniedrigt werden. Dass ihn | |
| nun [1][Vorwürfe sexuellen Missbrauchs] ereilen und seiner Karriere ein | |
| Ende bereiten, rechtfertigt weder Häme noch Heuchelei. | |
| Die öffentliche Resonanz wirkt selbst wie ein Rollenspiel, das sich seines | |
| Spielcharakters unbewusst scheint. Empörung paart sich mit Lüsternheit. Die | |
| ambivalenten Gefühle reproduzieren, was sie verurteilen. Ihr Mitgefühl mit | |
| den Opfern sexuellen Missbrauchs scheint anständig, wäre es nicht auch | |
| zugleich so detailversessen, als handelte es sich bei der Serie von bekannt | |
| gewordenen Übergriffen um einen Fortsetzungsroman, der kostenlos zu | |
| abonnieren wäre. | |
| „Vernachlässigt und elegant, waren sie geil auf Katastrophen, von denen sie | |
| kein Kind bekommen konnten. Sie lagen mit dem Unglück anderer Leute im Bett | |
| und befriedigten sich mit einem künstlichen Mitleid. Die Pressetribüne war | |
| überfüllt.“ Das schrieb Ödön von Horváth im Kapitel 23 des Romans „Jug… | |
| ohne Gott“, der 1937 erschien und dessen Verfilmung 2017 in die Kinos kam. | |
| Im Spiel mit der Empörung bleibt das Verlangen ausgeblendet, als verdanke | |
| es sich einem Lichtschalter, der nach moralischem Belieben an- oder | |
| ausgeknipst wird. Das nicht zu verstehen, macht das Mitgefühl mit den | |
| Opfern nicht gegenstandslos. Besser wäre es, wenn das Gefühl sich nicht des | |
| Verstandes entäußerte, sonst machte es sich gemein mit Heuchelei. | |
| 13 Nov 2017 | |
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| ## AUTOREN | |
| Hans Hütt | |
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