# taz.de -- Türkische Forscher vor Gericht | |
> Mehr als Tausend „AkademikerInnen für den Frieden“ droht ab Dezember der | |
> Prozess in ihrer Heimat | |
Von Ali Celikkan | |
Hunderte türkische Akademiker, die vergangenes Jahr einen Aufruf für | |
Frieden in den Kurdengebieten unterzeichnet hatten, sollen einem | |
Medienbericht zufolge wegen „Terrorpropaganda“ vor Gericht gestellt werden. | |
Auch einigen in Deutschland lebenden Unterzeichnern des Appells sei eine | |
entsprechende Anklageschrift zugestellt worden, berichteten NDR, WDR und | |
Süddeutsche Zeitung am Sonntag. | |
In der Anklageschrift heißt es demnach, der „sogenannte Friedens-Aufruf“ | |
trage „den Charakter der offenen Propaganda für die Terrororganisation | |
PKK“. Der zuständige Oberstaatsanwalt in Istanbul werfe den Unterzeichnern | |
vor, sie hätten zum Ziel gehabt, den türkischen Staat als „illegitime, | |
zerstörende Kraft“ und als „verbrecherisch“ darzustellen sowie Gewalt der | |
Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) zu legitimieren, heißt es weiter. | |
Am 11. Januar 2016 hatten 1.128 WissenschaftlerInnen von 89 türkischen | |
Universitäten sowie 355 ForscherInnen aus dem Ausland eine | |
Friedenserklärung mit dem Titel „Wir werden nicht Teil dieses Verbrechens | |
sein“ unterzeichnet. Gemeint war damit das Vorgehen der türkischen | |
Regierung gegen die kurdische Bevölkerung im Südosten des Landes. In der | |
Petition forderten sie den Staat auf, die Gewalt gegen die kurdischen | |
BürgerInnen zu beenden. | |
Wegen dieser Erklärung verloren viele der Unterzeichner ihren Job an der | |
Hochschule. Rechnet man jene WissenschaftlerInnen hinzu, die wegen ihrer | |
mutmaßlichen Nähe zur Gülen-Bewegung gefeuert wurden, summiert sich die | |
Zahl der entlassenen AkademikerInnen auf mittlerweile 5.717. Ein Großteil | |
der AkademikerInnen für den Frieden hat das Land verlassen. In Deutschland | |
halten sich rund 100 von ihnen auf. „Wir wollen auf den Kampf aufmerksam | |
machen, den Demokratie und Frieden gegen die Diktatur in der Türkei | |
führen“, sagt Muzaffer Kaya. „Und es geht darum, aufzuzeigen, wie wichtig | |
die Solidarität mit den KollegInnen in der Türkei ist, die in diesen | |
schwierigen Verhältnissen arbeiten.“ | |
Wie viele der ForscherInnen angeklagt werden, ist nicht bekannt. Die | |
Anhörungen der ersten Fälle sollen am 5. Dezember starten. Was die in | |
Deutschland lebenden AkademikerInnen für den Frieden derzeit jedoch | |
beunruhigt: Ihre Fälle werden mit denen mutmaßlicher Gülenisten vermischt. | |
Der türkische Präsident Erdoğan verlangt die Auslieferung beider Gruppen. | |
„Ich hoffe, sagt Mine Gencel Bek der taz, „die deutsche Presse hilft nicht | |
unfreiwillig dabei, uns Akademiker als Opfer zu brandmarken“. Das sei | |
„problematisch“. | |
1 Nov 2017 | |
## AUTOREN | |
Ali Celikkan | |
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