| # taz.de -- Starke Masken und ein bisschen Zirkus | |
| Bild: Spielerinnen, Puppen und immer, immer wieder Türen | |
| Tief in der Hocke geht die schwarz gekleidete Spielerin mit der Halbpuppe | |
| des Onkels durch das mittlere Tor, das diesmal in Josef K.s Bank führt. | |
| Durch die kleinste Tür kann ein erwachsener Mensch fast nur kriechen. Die | |
| weißen Türen werden nach jeder Szene an einen neuen Platz gerollt, sodass | |
| man weitere bizarre Räume von Kafkas „Der Prozess“ erahnen kann: Hier irrt | |
| der verurteilte Prokurist Josef K. auf der Suche nach dem Grund seiner | |
| Verurteilung durch Gerichte, die in Dachböden gepfercht sind, und Zimmer, | |
| die stets eine kleine Hintertür haben. Das Ensemble des Bremer | |
| Puppentheaters Mensch Puppe hat sich einen herausfordernden Roman | |
| vorgenommen, und das sowohl bildlich als auch auf der Textebene. | |
| Denn Philip Stemanns (Regie) dialogisierte Form der Max-Brodt-Fassung ist | |
| sehr umfangreich. Die SpielerInnen übernehmen sogar das Prager Deutsch in | |
| langen und schwierigen Monologen, die dem Publikum viel Konzentration | |
| abverlangen. Originalgetreu erzählt das Ensemble die Geschichte des | |
| Prozesses, es kommen sogar nahezu alle Charaktere als Tisch-, Halb- oder | |
| Ganzkörperpuppen auf die Bühne (Figuren von Anna Siegrot). Und alle wirken | |
| wie Karikaturen der Figuren aus Kafkas Roman. | |
| So klagt die Ganzkörperpuppe Josef K. scheinbar unentwegt: Sein bewegliches | |
| Kinn lässt die Mundwinkel hängen, die Augen ungläubig aufgerissen. Grandios | |
| sind die Figuren der Zimmerwirtin Frau Grubach und des Advokaten: Ihr | |
| schwärzliches, verschlagenes Gesicht verrät schon vor ihrem Geständnis vor | |
| Josef K., dass sie ihre MieterInnen ausspioniert. Dem Tod nah wirkt dagegen | |
| der fahle Advokat, der sogar auf einem Rollstuhl auf die Bühne gefahren | |
| wird. Umso absurder ist es, dass er sich zum Verteidiger von K. erklärt. | |
| „Kafkas Figuren werden erst skurril, wenn man sie ernst nimmt“, sagt | |
| Spielerin Claudia Spörri. | |
| Jeder Auftritt einer neuen Puppe ist faszinierend, doch häufig hält das | |
| darstellende Spiel danach die Spannung nicht. So ist der Auftritt von | |
| Fräulein Bürstner (gespielt von Jeanette Luft) zunächst stark. Mit ihren | |
| roten gespitzten Lippen scheint sie K. (gespielt von Leo Mosler) küssen zu | |
| wollen. Im Gespräch lacht sie dann jedoch fast ohne Unterbrechung und wirft | |
| dabei stets die gleiche Hand in die Luft. Klamaukig und zäh wird so die | |
| Szene, ebenso wie die sich wiederholenden Abgänge der Spielerinnen mit | |
| Zwinkern oder langen Blicken ins Publikum. Etwas Zirkuscharakter schleicht | |
| sich in diese Szenen ein, man wartet auf die nächste kurzweilige Nummer. | |
| Eva Przybyla | |
| Termine: 10. und 24. 11. sowie 2., 9., 22. und 28. 12., 20 Uhr, Mensch | |
| Puppe, Schildstraße 21 | |
| 4 Nov 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Eva Przybyla | |
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