# taz.de -- Alles Gute zum Geburtstag, Murat Sabuncu: „Wir werden die Freihei… | |
> Murat Sabuncu, Chefredakteur der türkischen Zeitung Cumhuriyet, befindet | |
> sich seit 360 Tagen in Haft. Seinen 48. Geburtstag feiert er in der | |
> Haftanstalt von Silivri. | |
Bild: Die Mitarbeiter der Cumhuriyet schicken Geburtstagswüsnche an Murat Sabu… | |
Heute ist der Geburtstag von Murat Sabuncu. Der Chefredakteur wurde im | |
Rahmen des Cumhuriyet-Prozesses verhaftet und befindet sich seit 360 Tagen | |
im Istanbuler Gefängnis Silivri. taz.gazete wünscht ihm alles Gute zum | |
Geburtstag und eine baldige Freilassung. | |
Es folgen Geburtstagswünsche von Angehörigen, Kollegen und Freunden. | |
Muratcan Sabuncu, Sohn von Murat Sabuncu: „Deine couragierte Haltung gibt | |
uns Stärke“ | |
„Mein liebster Vater, während deiner fast nunmehr einjährigen Haft, konnten | |
wir an so vielen wichtigen Tagen nicht zusammen sein, so auch nicht an | |
deinem heutigen Geburtstag. Es ist unmöglich vorauszusagen, was dir dein | |
neues Lebensjahr in diesem Land bringen wird, dessen Zukunft wegen | |
politischen Interessen einiger ungewiss bleibt. Dennoch kenne ich deinen | |
Geburtstagswunsch: eine freie, demokratische und aufgeklärte Türkei. Es ist | |
mir nicht möglich, dich zu besuchen oder mit dir zu telefonieren. Sei's | |
drum, der Himmel in den du aufblickst ist derselbe, wie der über mir. Du | |
aber musst, um den Himmel zu erblicken, die Metallgitter an deinen Fenstern | |
überwinden. Du kannst dir sicher sein, wir alle werden deinen Wunsch im | |
Himmel erblicken und lächeln. Wir werden weiterhin Kraft aus deiner Courage | |
schöpfen. Ich kann dir heute nichts schenken, aber ich verspreche dir ein | |
Teil deiner erträumten Türkei zu sein und genauso wie du es bist, stets auf | |
der Suche nach der Wahrheit bleiben.“ | |
Aydın Engin, Autor der Cumhuriyet: „Dreh eine Geburtstagsrunde auf dem | |
Gefängnishof“ | |
„Mein Chefredakteur, heute ist dein Geburtstag. Heute hast du unsere | |
Erlaubnis. Du sollst nicht in der Früh aufstehen. Du sollst nicht im „Bebek | |
Cafe“ an einem Frühstückstoast knabbernd alle Zeitungen von vorne nach | |
hinten durchlesen. Komm nicht vor alle anderen ins Büro, fasse nicht in der | |
10 Uhr Konferenz die wichtigsten Meldungen des Tages zusammen, noch während | |
sich die Nachrichtenchefs den Schlaf aus den Augen reiben. Mach uns keine | |
neue Arbeit mit deinen Anmerkungen zu bereits „fertigen“ Texten. Finde | |
nicht in der 15 Uhr Konferenz das Detail einer Nachricht, die von allen | |
übersehen wurde, und das auch die Titelseite des folgenden Tages schmückt. | |
Bleib nicht bis in die Nacht in der Redaktion und aktualisiere nicht | |
ständig die Zeitung von Morgen. Heute ist dein Geburtstag. Heute geben wir | |
dir frei. Geh raus auf den Hof, schau durch den Stacheldraht in den Himmel | |
und gönn dir eine Geburtstagsrunde.“ | |
Canan Çoşkun, Reporterin der Cumhuriyet: „Wir wünschen Freiheit“ | |
„Ich bin mir sicher, dass er sich beim Auspusten der Kerzen auf seiner | |
Geburtstagstorte die Freiheit seiner inhaftierten Kollegen gewünscht hätte, | |
wenn er denn nicht selbst inhaftiert wäre. Jetzt ist es an uns, an seinen | |
Kollegen in Freiheit, stellvertretend für ihn beim Auspusten der Kerzen | |
Freiheit für alle inhaftierten Journalisten zu wünschen.“ | |
Nazan Özcan, Redakteurin der Cumhuriyet: „Am Tag deiner Entlassung werden | |
wir feiern, dass wir nicht in die Knie gegangen sind“ | |
„Vergangenes Jahr am 25. Oktober habe ich Murat Sabuncu auf die Wangen | |
geküsst und ihm alles Gute gewünscht. Wir haben uns umarmt. Nach einem | |
schüchternen Danke bot er mir Kölnisch Wasser mit Lavendelduft an. Er | |
sagte: „Das beruhigt mich“. Sein Büro roch immer nach Lavendel. Doch nie | |
habe ich gesehen, dass ihn das beruhigt hat. Ständig arbeitete er daran, | |
die Zeitung noch ein Stück besser zu machen. Auch an seinem Geburtstag war | |
das nicht anders. Seit einem Jahr war ich nicht mehr in seinem Büro, denn | |
Murat befindet sich in Haft in Silivri. Gestern kam aus dem Stockwerk, auf | |
dem sich sein Büro befindet, der Duft von Lavendel. Seine Mutter, Ehefrau | |
und Freunde waren in seinem Büro, sie waren für das Foto gekommen, das wir | |
in der Redaktion aufnehmen und an seinem Geburtstag abdrucken, damit er es | |
sehen kann. Diesmal hat mich der Duft von Lavendel beruhigt. Mein lieber | |
Chefredakteur, auch wenn wir deinen Geburtstag nicht feiern können, sobald | |
du entlassen bist, holen wir das nach, versprochen. Wir werden die Freiheit | |
feiern, unseren Beruf, den wir mit Würde ausüben und feiern, dass sie uns | |
nicht in die Knie zwingen konnten. Den Repressionen, der Haft und der | |
Ungerechtigkeit zum Trotz werden wir feiern. Auch dein Geschenk steht schon | |
bereit. Kölnisch Wasser mit Lavendelduft.“ | |
25 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Dilek Şen | |
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