# taz.de -- das portrait: Ada Colau, Bürgermeisterin von Barcelona, steht für… | |
Ada Colau nimmt kein Blatt vor den Mund: „Ich bitte Puigdemont und Rajoy, | |
keine weiteren Entscheidungen zu treffen, die einen Dialog zerstören“, | |
richtet sich die 43-jährige Bürgermeisterin von Barcelona sowohl an den | |
katalanischen Präsidenten Carles Puigdemont als auch an Mariano Rajoy, | |
Ministerpräsident Spaniens. Der eine steuert unbeirrt auf die | |
Unabhängigkeit Kataloniens zu, der andere geht mit Justiz und Polizei gegen | |
die Unabhängigkeitsbewegung vor. | |
Das Ergebnis des Referendums vom 1. Oktober ist für Colau keine „Grundlage | |
für die Unabhängigkeit“, mahnt sie Puigdemont vor seiner Rede am | |
Dienstagabend vor dem katalanischen Autonomieparlament, von dem bis zu | |
Redaktionsschluss nicht bekannt war, ob er darin die Unabhängigkeit | |
erklären würde. | |
Die Volksabstimmung, bei der 43 Prozent der Wahlberechtigten trotz Verbot | |
und Polizeigewalt teilnahmen und 90,2 Prozent für die „Republik Katalonien“ | |
stimmten, sei nur der Beweis für „eine breite Mobilisierung“. Und von | |
Madrid fordert Colau, die seit 2015 mit einem breiten Bündnis, dem auch die | |
linksalternative Podemos angehört, regiert, mit der Autonomieregierung in | |
Barcelona zu verhandeln, um in beiderseitigem Einverständnis ein Referendum | |
wie in Schottland oder Quebec abzuhalten. | |
Damit setzt sich die Bürgermeisterin der katalanischen Hauptstadt zwischen | |
alle Stühle, wird aber zugleich auch zur Hoffnungsträgerin für diejenigen, | |
die immer noch an eine friedliche Beilegung des Katalonienkonflikts | |
glauben. Erstmals eröffnet sich – auch über die Grenzen der rebellischen | |
Region hinaus – eine dritte Strömung zwischen katalanischem und spanischem | |
Nationalismus. | |
Es ist die Persönlichkeit Colaus, die ihr das erlaubt. Sie regiert in | |
Barcelona mit Unterstützung von Parteien der Befürworter der Unabhängigkeit | |
und solchen, die sie ablehnen. Die Mitglieder ihrer eigenen Partei En Comú | |
haben ebenfalls keine einheitliche Linie. Der kleinste gemeinsame Nenner | |
ist allerdings die Forderung nach „Anerkennung des Rechts, frei zu | |
entscheiden“. | |
Die ehemalige Hausbesetzerin wurde spanienweit bekannt, als sie bei einer | |
Parlamentsanhörung Banker als „Kriminelle“ beschimpfte und damit | |
Schlagzeilen machte. Aufgewachsen in einer Mittelschichtsfamilie, mit der | |
es wirtschaftlich zusehends bergab ging, machte sie ihre ersten politischen | |
Schritte in der Bewegung gegen den Irakkrieg und gegen die Globalisierung. | |
In der Hausbesetzerbewegung entwickelte sie ihr Interesse für die | |
Problematik der Wohnungsnot. | |
Colau, verheiratet und ein Sohn, ist dank ihrer geschickten Politik in | |
einem schwierigen, polarisierten Umfeld weit über Katalonien hinaus | |
beliebt. Sie könnte – so heißt es aus ihrem direkten Umfeld – versuchen, … | |
den spanischen Wahlen für das Bündnis um Unidos Podemos von Pablo Iglesias | |
als Spitzenkandidatin anzutreten, falls es diesem auch bei den nächsten | |
Wahlen nicht gelingt, die Regierung zu stellen. Reiner Wandler | |
11 Oct 2017 | |
## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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