Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- heute in Bremen: „Eine latente Negation“
> Vortrag Elke Steinhöfel berichtet über ein Verbrechen aus Bremens
> Nazivergangenheit
taz: Frau Steinhöfel, der Titel „Die Wohnung als Gefängnis“ lässt viele
Assoziationen offen. Wovon handelt Ihr Vortrag?
Elke Steinhöfel: Es geht darum, was das NS-Regime in Bremen mit den
sogenannten „Asozialen“ gemacht hat. Die Verantwortlichen fragten damals
bei den Ämtern nach, wo es in Bremen „asoziale Großfamilien“ gab. Damit
waren Menschen gemeint, die zum Beispiel nicht arbeiteten oder politisch
eher links waren. Im Jahre 1935 wurde dann in Woltmershausen eine
Zwangsanstalt eröffnet, in welche die Aktenkundigen mit ihrer Familie
einziehen mussten.
Haben die Menschen damals „wie im Gefängnis“ gelebt?
Die „Asozialen“ lebten in kleinen Appartements von maximal 54
Quadratmetern. Dabei teilten sie sich die enge Wohnung manchmal mit bis zu
zwölf anderen Menschen. Es gab eine Wächter-Kabine und Fürsorgerinnen, wo
durch die Bewohnerinnen und Bewohner von morgens bis abends überwacht
wurden. Über den Tag hatten die „Asozialen“ zwar Freigang und konnten
arbeiten gehen, aber danach mussten sie direkt wieder zurück in die Anstalt
kommen.
Wie kamen Sie dazu, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen?
Ich habe viel in der Sozialpolitik gearbeitet und bei einer Veranstaltung
eine Frau getroffen, die mir erzählte, dass sie in einer solcher
Zwangseinrichtung leben müsste. Allerdings würde nie über das Thema
berichtet werden. Mich interessierte das Leben in einer Zwangsanstalt und
ich schlug meinem damaligen Professor vor, eine Dissertation darüber zu
schreiben.
Warum ist es wichtig sich mit der Bremer Nazivergangenheit
auseinanderzusetzen?
In Bremen gibt es eine latente Negation von den Naziverbrechen. Viele
Menschen behaupten, dass es so etwas in Bremen überhaupt nicht gab – das
muss sich ändern. Auch ist die latente Unmenschlichkeit bis heute immer
noch da, wenn Begrifflichkeiten wie „Asoziale“ heute noch gebraucht werden.
Der sprachliche und faktische Umgang mit Menschen, die nicht zur
Mittelschicht gehören, muss sich ändern.
Interview Paulina Hemesath
Vortrag „Die Wohnung als Gefängnis“: 17 Uhr, AMEB Begegnungsstätte
Woltmershausen.
20 Sep 2017
## AUTOREN
Paulina Hemesath
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.